Ego Tod

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tier
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Re: Ego Tod

Beitrag von tier »

Inguz hat geschrieben:Ich glaube der Wunsch "Ich-los" zu sein ist meistens auch wieder ein weiterer Egotrip.
Flucht immer nur Flucht.
Wir leben in einer Zeit der globalen Zerstörung. Welthunger, Kriege, Flüchtiglinge, Kapitalismus. Vieles was im Argen ist, und wo man anpacken müsste. der Egotod ist da quasi das Loch was sich auftut, durch das man schlüpfen kann und dann frei ist.

Wirklich frei sein, darum geht es doch. Diese schwere Last des gestern und morgen loszuwerden und nur noch hier und jetzt zu leben.
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Gaius
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Re: Ego Tod

Beitrag von Gaius »

tier hat geschrieben: Die Tryptamine nehm ich, sie wirken, und wenig später ist da wieder Alltag... Meinetwegen gibt es noch ein kürzer oder längeres nachleuchten, doch irgendwann ist die Erfahrung verblasst.
Ja, ich kenne zwar die Verbindung zwischen Mediation und Tryptamine sehr gut und kann auch bestätigen, dass es "funktioniert" (was auch immer). Muss aber auch dazu sagen, dass meine Erkenntnisse "ernüchternd" sind, also ich mit ganz anderen Vorstellungen "die Wahrheit" gesucht habe und nachdem ich sie für mich fand nun doch ganz anders ist.
Bei mir arbeitete es mit hilfreichen Substanzen, Favoriten sind Tryptamine, nun seit über 20 Jahren inkl. Meditationen. Aber das ist halt mein persönlicher Weg, einer unter vielen sonstigen.
tier hat geschrieben: Wirklich frei sein, darum geht es doch. Diese schwere Last des gestern und morgen loszuwerden und nur noch hier und jetzt zu leben.
Ich weiss nicht, was du dir darunter vorstellst. Ich hatte auch mal den "lets fix the world" Anspruch, den habe ich (leider) verloren. Auch die Vorstellungen von Freiheit hat sich ins nichts aufgelöst, aber bin nun auch "freier" als je zuvor. Ein Leben in Meditation und Achtsamkeit Bedeutet mMn gar nichts und unterscheidet sich im Endeffekt nicht von dem Leben eines Menschen, der davon noch nie was gehört hat. Gewisse Ideen und Ansichten habe sich bei mir in letzter Zeit um 180° gedreht. Aber es integriert auch alle anderen Ansichten, wenn jemand meditieren und Achtsamkeit üben möchte, so solle er es tun ;)
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tier
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Re: Ego Tod

Beitrag von tier »

Für das Befinden ist es ein ungeheurer Unterscheid ob man den Gegenwärtigen Moment ablehnt "oh nein, ich will das nicht, mir geht es schrecklich, ich will erst das oder so und so sein"
oder ob man guten Gewissens JA-sagen kann, "ja, das ist es, alles ist gut."

Und Meditation und Achtsamkeit hilft mit der Gegenwart in einvernehmen zu leben, von daher seh ich schon einen fundamentalen Unterscheid.
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kleinerkiffer84
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Re: Ego Tod

Beitrag von kleinerkiffer84 »

Die Tryptamine nehm ich, sie wirken, und wenig später ist da wieder Alltag... Meinetwegen gibt es noch ein kürzer oder längeres nachleuchten, doch irgendwann ist die Erfahrung verblasst
Dieses Thema beschäftigt mich auch.
Das ist wieder dieser generelle Haken, weil es schwierig ist psychedelische Erfahrungen in den Alltag wirklich mit zu nehmen.
Auf dem Trip habe ich die genialsten Visionen und bin absolut sicher, dass die Dinge so sind wie ich sie jetzt sehe.
Ich habe sogar schon oft auf einem Trip das Handy zur Hand genommen und auf den Audiorecorder aufgenommen, was ich jetzt denke, vor allem mir dabei sicher 10x selber bestätigt, dass das die Wahrheit ist, auch wenn ich es mir morgen nicht mehr vorstellen kann. :pope:
Wenn ich dann tatsächlich am nächsten Tag aufwache, dann ist die Vision weitgehend verblasst und auch wenn ich mir die Aufnahme am Audiorecorder anhöre, kann ich nur wage daran glauben, dass die Vision diese universelle Gültigkeit hatte. :smiley33.gif:
Was aber zurück bleibt, ist die Gewissheit dass man genau diesen Zustand jederzeit wieder haben kann und dass die empirische Alltagswahrnehmung garantiert nicht der Weisheits letzter Schluss ist.

Ich löse das ganze jetzt immer so, dass ich im Alltag, vor allem wenn ich vor einem Problem stehe, einen Gedankenstopp mache. Ich sage also bewusst STOPP und unterbreche das alltägliche alteingefahrene Denkmuster. Dann versuche ich mich hinein zu versetzen, wie ich dieses Problem unter dem Einfluss verschiedener mir bekannter Substanzen sehen und bewerten würde.
Aus all den möglichen Sichtweisen versuche ich dann den optimalen Lösungsweg zu extrapolieren.
Das ist schon etwas, dass ich jetzt vollständig und stabil in den Alltag integriert habe. Man kann der vermeintlichen "Realität" die durch die eigenen alteingefahrenen Gedankenmuster konstruiert wird, nicht immer trauen, da loht es sich durchaus, mal zu hinterfragen, wie das ganze unter Einfluss verschiedener Substanzen aussehen würde.
Hätte man noch nie Psychedelika genommen, die die Bretter vorm Kopf richtig schön wegsprengen, dann käme man nie auf die Idee, die "Realität" die einem die eigene Wahrnehmung im Alltag konstruiert, anzuzweifeln und nach anderen Sichtweisen zu suchen.
Ausgesetzt in der Salviawelt, bei mir habe ich nur meine Bong und ein Feuerzeug. Entitäten werden mich begleiten. Ich zeige Ihnen, wie man hier überlebt!
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Gaius
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Re: Ego Tod

Beitrag von Gaius »

tier hat geschrieben:Und Meditation und Achtsamkeit hilft mit der Gegenwart in einvernehmen zu leben, von daher seh ich schon einen fundamentalen Unterscheid.
Ja, ich stimme da ganz klar zu. wir vermischen hier aber verschiedene Ebenen. Auf der "weltlichen", persönlichen Ebene eine sehr hilfreiche Sache. Auf einer Metaebene eventuell aber vollkommen irrelevant, wie auch umgekehrt.

Also auf solchen Ebenen kommt man mit diversen Hilfsmitteln und von der Postition aus sind dann Sichtweisen klar, die dann auf der persönlichen Ebene wieder längst nicht so stimmig sind, wie aus der anderen Position. Das was kk da beschreibt, kenne ich auch sehr gut. Je nach Substanz spielt da evtl. auch noch eine komplette Verzerrung der Realität mit. Das ist mit den unterschiedlichen Positionen ist mMn noch ein interessanter Aspekt. Also wenn man sich daran gewöhnt unterschiedliche Positionen einzunehmen und nicht mehr nur aus seinem persönlichen Fixpunkt heraus die Welt sieht. Also je flexibler man die Dinge von verschiedenen Richtungen und Ebenen betrachten kann, entstehen gewisse Konflikte erst gar nicht, die man mit einem festen Standpunkt hätte.
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tseuq
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Re: Ego Tod

Beitrag von tseuq »

tier hat geschrieben:Für das Befinden ist es ein ungeheurer Unterscheid ob man den Gegenwärtigen Moment ablehnt "oh nein, ich will das nicht, mir geht es schrecklich, ich will erst das oder so und so sein"
oder ob man guten Gewissens JA-sagen kann, "ja, das ist es, alles ist gut."
Solange ich mein Befinden daran festmache, mag das zustimmen.

Ich weiß nicht wie die Dinge "wirklich" sind, ich kann nur beschreiben wie ich sie erfahre. Die Idee von gut/schlecht ist die Illusion, denn was soll gut bedeuten? Für was brauche ich dieses gut? Wer verlangt nach einem gut und wer leidet wenn es kein gut gibt? Ich kann etwas das ich erfahre versuchen mit Worten zu beschreiben, als süß, salzig, anstrengend, heiß, bunt, nass, lusitg, angenehm, gruslig, eklig, spitz, blaaoabaobao... weiters kann ich für mich dann erleben ob mir das gefällt oder nicht, ob etwas das mir nicht gefällt aber gleichzeitig auch nicht gut ist ist fraglich, vor allem woher will ich wissen ob es nicht doch gut für mich ist und ich es nur noch nicht weiß?? Fragen über Fragen...

Das ist Sprache, ein tolles Werkzeug des Ausdrucks, welche sich hervorragend zur Differenzierung und Kategorisierung von Wahrnehmung, indem es in der absoluten Relativität mit theoretischen Absolutheiten spielt, eignet. Das Mysterium ist aber nicht an Sprache gebunden, ich bin nicht Sprache, ich bin "das", was z.B. Sprache als Werkzeug einsetzt.

Anzunehmen es müsse "gut oder rot oder klfasdkdakla / irgendwie bestimmtes" für mich sein, empfinde ich als überaus anstrengend und hat mit der sich vor mir im Jetzt offenbarenden Erfahrung, die "lediglich" ist, nichts zu tun. Durch ein Loslassen meines eigenen Glaubens (z.B über "es muss/ist so oder so sein und das ist gut/schlecht für mich") eröffnet sich ich die Möglichkeit etwas neues zu erfahren. Warum soll ich versuchen altes/bekanntes zu erfahren/bestätigt zu bekommen, wenn ich im Jetzt neues/bisher noch unbekanntes erfahren kann. Ich will ja nicht die Vorstellung über mein Leben leben, sondern ich lebe mein Leben. Woher kommt überhaupt die Vorstellung wie ich es will? Suche ich mir die selber aus oder vielleicht habe ich mich irgendwann für dieses Leben entschieden?

~ I leave my believes behind and flow in the now ~

Darüber hinaus frage ich mich, wieso ich mich auf gut/schlecht beschränken soll wenn die Erfahrung so vielfältig sein kann? Wenn ich schon eine Dualität in mein Leben bringen will dann lieber etwas wie "lustig" und "nicht-lustig".

tier hat geschrieben:Und Meditation und Achtsamkeit hilft mit der Gegenwart in einvernehmen zu leben, ..
Wem hilft es und wer lebt hier im einvernehmen? Das Mysterium braucht kein Einvernehmen, es ist das Einvernehmen.

Liebe Grüße, tseuq

[edit: "mir geht es schrecklich" ist schon ganz schön viel.. ]
Everything's sooo peyote-ful...
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kleinerkiffer84
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Re: Ego Tod

Beitrag von kleinerkiffer84 »

Das ist ein interessanter Punkt.
Warum muss alles gut sein?
Vermutlich weil uns die Leistungsgesellschaft suggeriert, überall perfekt sein zu müssen, und wir übernehmen dieses Dogma unbewusst und unkritisch.
Ich bin auch erst unter Einfluss von Psychedelika auf den Ideensprung gekommen, dass es doch eigentlich besser wäre, sein Ich in die Position eines neutralen äusseren Beobachters zu manövrieren, und so Gegebenheiten neutral zu erleben, vorbei ziehen zu lassen, ohne emotional darauf zu reagieren.
Die Idee kam mir auf einem Horrortrip.
Ich sagte zu mir selber, ok, ich akzeptiere alles was ich jetzt an Filmen erlebe, lasse es zu, kämpfe nicht dagegen an, und lasse es vor allem wertfrei aus der Position eines Beobachters vorbei ziehen.
Dh. mein Ich ist nicht mehr das Ich, dass im Körper ist, und das Geschehen unter intensiver emotionaler Beteiligung erlebt, sondern mein Ich ist ausserhalb des Körpers und beobachtet wertfrei.
Wenn man es schafft, dass auch im Alltag umzusetzen, ist man einen riesen Schritt weiter.
Sich von nichts emotional abhängig machen, mit nichts fix rechenen oder hoffen, dann erlangt man stoische Ruhe. :good:
Ausgesetzt in der Salviawelt, bei mir habe ich nur meine Bong und ein Feuerzeug. Entitäten werden mich begleiten. Ich zeige Ihnen, wie man hier überlebt!
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Gaius
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Re: Ego Tod

Beitrag von Gaius »

sondern mein Ich ist ausserhalb des Körpers und beobachtet wertfrei
Das entspricht so ziemlich der Zen-Praxis, oder buddhistisch Anatta (Nicht-Ich). Dieses sich emotional abkoppeln kann aber auch seine Schattenseiten haben. So ein über alles erhabenes Mind kann ein ganz schönes Arschloch sein ;) Da fehlt manchmal das "Herz" oder wieder im Buddhismus zu finden die "vier Unermesslichen": Liebe (Liebende Güte), Mitgefühl, Mitfreude, Gleichmut.
Aber will jetzt keine Einführung in Buddhismus hier beginnen ;)
Also meine momentane Erkenntnis: Als Psychedeliker hat man so einen Funken Wahrheit und möchte da evtl. immer tiefer rein und immer klarer alles sehen um dann heraus zu finden wofür das "Nicht-Wissen" eigentlich gut ist und will die "Wahrheit". Und da beackert man seine Persönlichkeit, übt sich in Selbstoptimierung usw. um dann heraus zu finden, dass alles kann, nichts muss.
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kleinerkiffer84
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Re: Ego Tod

Beitrag von kleinerkiffer84 »

Zum Thema Ich-Entgrenzungen muss ich hier noch eine Grafik anfügen, die ich nach meinem letzten Salviatrip skizziert hatte.
Es stellt die Herkunft des eigenen Ichs dar.
Mein Eindruck war, dass Ich ist ein Fragment aus einer Einheit, aus dem göttlichen Licht, der Matrix oder wie auch immer man das bezeichnen will.
Es ist in seiner freien Form praktisch universell kompatibel und kann sich nachdem es von der Einheit entsandt wurde, sich in jedem beliebigen Lebewesen oder
auch Gegenstand inkarnieren. Wenn das Ich in einem menschlichen Körper inkarniert ist, ist es so selbstverständlich, dass man das im Alltag gar nicht hinterfragen würde.
Es sei denn man konsumiert Salvia und plötzlich wird das Ich zunehmend vom Körper getrennt. Es wird wieder frei, wie nach dem irdischen körperlichen Tod.
Es kann entweder wieder zur Einheit zurückkehren oder sich in einem anderen Lebewesen oder Gegenstand manifestieren.
Diese Metamorphosen auf Salvia sind streng genommen Ich-Entgrenzungen, bei denen das Ich in einen anderen Gegenstand, Person, oder auch andere abstrakte Dinge fährt.

Bild
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tier
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Re: Ego Tod

Beitrag von tier »

mit "ja es ist gut" meint ich soetwas:

den Augebenblick akzeptieren.

Nicht einen Augenblick herbeiwünschen, der irgendwie anders ist, eben bestimmten Vorstellungen entspricht.

Sondern jeden Augenblick, ob ich ihn mir so vorstelle, ob ich ihn so erwarte habe, zu akzeptieren.

Ob man das gute, schöne, lustige, oder whatever akzeptiert. Das ist eine menschliche Bewertung und die Wirklichkeit ist jenseits der Bewertung.
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