Mapacho germanico, 1. Versuch

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893
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Mapacho germanico, 1. Versuch

Beitrag von 893 »

Wer sich gelegentlich gern Tabak in die Nase pustet (oder pusten lässt) kommt vielleicht auf die Idee den Tabak selbst anzubauen:

Nicotiana Rustica Samen besorgt und schon geht´s los:

Problemlose Keimung, 12 Pflanzen ausgesucht und in den Garten gepflanzt, hat etwa 350g brauchbaren Tabak ergeben.

Das Jahr davor wurde verrotteter Pferdemist untergegraben, daher kein weiterer Dünger. Fast jeden Abend wurden sie gegossen.

Die Pflanzen werden etwa 1,5 Meter groß und haben große, labbrige, klebrige Blätter. Die Blüten werden fortlaufend ausgebrochen.

Die Blätter werden ständig und von unten geerntet sobald sie gelbe Flecken bekommen.

Beim Umgang mit der Pflanze sammelt sich ein schwarzer, sehr nikotinhaltiger Schmand an den Fingern, Nikotin ist ein Kontaktgift und wird sehr gut über die Haut aufgenommen...

Die laufend anfallenden Blätter hatte ich erst aufgefädelt aber wegen der großen Hitze trockneten sie meist zu schnell durch und waren noch dunkelgrün.

Als etwa die Hälfte geerntet war, begann ich Stapel zu bilden, gemischt aus trockenen und frischen Blättern, beschwert mit Büchern bei Zimmertemperatur, täglich mehrmals umgestapelt.

Als die Blätter hell- bis dunkelbraun waren, haben ich sie durchtrocknen lassen, danach von jedem Blatt von beiden Seiten den Staub mit einem Pinsel entfernt.

Der Tabak bleibt immer ein bisschen ledrig und lässt sich gut verarbeiten.
Tabak vorfermentiert.jpg
Im Dschungel wird der Mapacho wohl auch vorgetrocknet, dann mit Beerensaft benetzt, stramm in Rinde eingewickelt und zum fermentieren und durchtrocknen in die Sonne gelegt. Wenn man eine Scheibe von der Riesenzigarre abschneidet riecht es immer sehr intensiv fruchtig.

Der nur getrocknete Mapacho fährt ganz schön hart ein, die Fermentation dient vielleicht dazu, den Tabak genießbarer und "freundlicher" zu machen, der Nikotingehalt sinkt und viele Stoffe werden umgesetzt.

Tja, womit fermentiert ein Deutscher weiter? Ich dachte mir:
- Waldmeister weil ich darauf steh
- Quitte/Birne drängt sich in Deutschland im Herbst auf, finde ich
- schwarzer Tee, kam mir interessant vor
- Blaubeersaft, einfach nur geil

Habe jeweils etwa 50g Tabakblätter mit dem jeweiligen Saft befeuchtet, in eine verschließbare Tüte getan und bei gut 40 Grad auf dem Ofen liegen lassen, mehrmals täglich kontrolliert (Angst vor Schimmel)und immer wieder zusammengepresst.
Tabak.jpg
Das Ergebnis war nach 2-3 Tagen ein Stück Tabak in der Größe einer Tabakpackung:
- Waldmeister ist noch dunkelgrün und ledrig, sehr stark, schwacher Waldmeistergeruch
- Quitte/Birne haben langsam fermentiert, vom Geruch ist nicht mehr viel da.
- scharzer Tee hat fermentiert wie wild und ist jetzt ganz hellbraun.
- Blaubeer ist richtig gelungen, stark mit leichtem Blaubeergeruch.

Fazit:

Gewaltig viel Arbeit, wäre bei mehr Pflanzen nur etwas mehr gewesen, reicht mir aber reichlich für 2 Jahre...
Das Fermentieren von Tabak ist offensichtlich eine Kunst, war sehr interessant, komplett anders als das "Pflänzchen Rührmichnichtan" Cannabis zu verarbeiten.
Und fruchtiger geht es bestimmt auch noch, wahrscheinlich mit roter Johannis- oder Preiselbeere, das wird dieses Jahr zeigen...
...aber ist wie eigene Erdbeeren, einfach lecker...
Tabak mit Schale.jpg
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Arkan
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Re: Mapacho germanico, 1. Versuch

Beitrag von Arkan »

Was für eine geile abgefahrene Arbeit. :Hände Klatschen: Bemerkst du außer dem vielleicht Geschmack noch sonstige Unterschiede zu dem gekauften Mapacho?

Arkan
893
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Re: Mapacho germanico, 1. Versuch

Beitrag von 893 »

Der gekaufte Mapacho ist dunkler und deutlich härter gepresst, ist also weiter durchfermentiert als meiner und hat wahrscheinlich etwas geringeren Nikotingehalt.

Habe von jeder Sorte etwa 1/3 nach Südamerika geschickt und um Kritik gebeten, die Antwort kann noch Wochen oder Monate dauern, poste ich aber gern wenn sie kommt.

Mir kommt er ziemlich kräftig vor, habe aber zu wenig Erfahrung und besonders Hintergrundwissen um die Qualität richtig einschätzen zu können.
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אל תשאלו
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Re: Mapacho germanico, 1. Versuch

Beitrag von אל תשאלו »

Schön geschrieben, so dass man es gut nachvollziehen kann. Mich fasziniert Mapacho schon eine ganze Weile und ich sollte dieses Jahr endlich mal meine eigenen Versuche mit der Verarbeitung machen.

Ich bin jedenfalls schon gespannt ob und wie es bei dir mit Rape' und Mapacho weiter geht.


893 hat geschrieben: 17. Feb 2019, 20:27Der nur getrocknete Mapacho fährt ganz schön hart ein, die Fermentation dient vielleicht dazu, den Tabak genießbarer und "freundlicher" zu machen, der Nikotingehalt sinkt und viele Stoffe werden umgesetzt.

Ja das ist bei Mapacho wohl vergleichbar mit der Verarbeitung von Nicotiana tabacum. Nicht außer acht lassen sollte man das es bei N.tabacum verschiedene Kultivare gibt deren Raucheigenschaften stark voneinander abweichen. So wird seit Ende des zweiten Weltkrieg fast nur noch Virginia und andere amerikanische Sorten in Europa verarbeitet die sich leichter Rauchen lassen als die aromatischeren Orient 'Tabake. Bei Mapacho gibt es ja ebenfalls verschiedene unterschiedliche Kultivare. Und traditionell wurden die südamerikanischen in der Regel nicht geraucht sondern je nachdem entweder geschnupft oder getrunken, bzw. mit Wasser durch die Nase gezogen. Das ganz im Gegensatz zu der europäisch russischen Art des Konsums von N. rustca mittels Zigarette.


893 hat geschrieben: 17. Feb 2019, 20:27Die Pflanzen werden etwa 1,5 Meter groß und haben große, labbrige, klebrige Blätter. Die Blüten werden fortlaufend ausgebrochen.

Ein bisschen groß für normalen rustica? Baust du "Ancient" an?
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893
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Re: Mapacho germanico, 1. Versuch

Beitrag von 893 »

So wird seit Ende des zweiten Weltkrieg fast nur noch Virginia und andere amerikanische Sorten in Europa verarbeitet die sich leichter Rauchen lassen als die aromatischeren Orient 'Tabake
Virginia hatte ich mal angebaut, schmeckt blass und sehr leicht.

Orient-Tabake habe durchaus Ihren Reiz, dieses Jahr will ich Dokha-Tabak anbauen.
Und traditionell wurden die südamerikanischen in der Regel nicht geraucht sondern je nachdem entweder geschnupft oder getrunken, bzw. mit Wasser durch die Nase gezogen. Das ganz im Gegensatz zu der europäisch russischen Art des Konsums von N. rustca mittels Zigarette.
In Südamerika gibt es auch noch "Tabak lecken", gelegentlich wird Tabak auch getrunken, noch gelegentlicher gemischt mit Datura, bei manchen ist es auch üblich sich noch ein Klistier zu verpassen, nachdem die Wassermischung durch die Nase gezogen wurde...

Wassermischung habe ich bisher nur einmal gezogen als ich stark verschnupft war, geht auch, aber geblasen ist am Besten.

Es gibt auch Mapachozigaretten, extrem dick, werden von Heilern zur Diagnose von Krankheiten verwendet indem der Rauch an den Körper des Patienten geblasen wird und die entstehenden Muster dann auf die Krankheit hinweisen.

Geraucht schmeckt Mapacho wie Machorka oder Zigarre, roh eben.

In "spirituellen südamerikanischen Kreisen" wird das Rauchen vermutlich als Transformation angesehen: Der Raucher transformiert sich mit Großvater Tabak in Richtung Asche, Missbrauch eben.
Ein bisschen groß für normalen rustica? Baust du "Ancient" an?
Größe ist geschätzt, 2018 war ein super Jahr, hier wurde früher traditionell Tabak angebaut, fetter Lehmboden.
Das Saatgut kam als Nicotiana Rustica, Bauerntabak, aus einer norddeutschen Gärtnerei, habe gerade nachgesehen, zur Zeit nicht lieferbar.
Wollte lieber "Einen von hier".
Ich bin jedenfalls schon gespannt ob und wie es bei dir mit Rape' und Mapacho weiter geht.
Mapacho will ich erst 2020 wieder machen, im Mai bekomme ich sechs Sorten Asche aus Brasilien, das wird hoffentlich interessant.

Ansonsten rühre ich erstmal meine Lieblingskräuter in den Rapé und danach einheimische Sorten.

Bei der Fermentation kann man wohl auch mit verschiedenen Bakterien arbeiten, der Geruch sind praktisch deren Abgase: bei meiner anaeroben Fermentation roch es teilweise stark nach Schweißfüßen, in einer Zigarrenmanufaktur und die Zigarren selbst ein wenig "pissig".
Mit Fermentation kann man auf mehrere Arten und in verschiedenen Graden Veränderungen im Ausgangsstoff vornehmen, sehr interessant.
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Bender
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Re: Mapacho germanico, 1. Versuch

Beitrag von Bender »

Danke für die Info. Ans fermentieren muss ich mich auch mal wagen, den Schweißfussgeruch kenne ich von meinem Tabak auch. Allerdings hoffe ich immer noch, dass der Geruch durch längere Lagerung von alleine verschwindet. Muss ich demnächst mal testen.
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