Persischer Wacholder

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Zebra
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Persischer Wacholder

Beitrag von Zebra »

Der Persische Wacholder (Juniperus polycarpos) ist in Afghanistan, Iran, Irak, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kyrgyzstan, Tadschikistan, Turkmenistan, Uzbekistan, Indien und Pakistan zu finden. Desweiteren soll es auch Vorkommen im Oman geben [1].

Leaves-and-seed-cones-on-J-seravschanica.png

Im Iran wächst der Baum beispielsweise großflächig in bergigen Gebieten in Höhen von 750-3400m über dem Meeresspiegel. Der Persische Wacholder (Juniperus polycarpos) kommt dabei gut mit schlechten Bodenverhältnissen zurecht und kann auch harsche klimatische Verhältnisse tolerieren (Daneshvar et al. 2016: 2). Juniperus polycarpos ist ein immergrüner Baum welcher 9-18m hoch oder aber auch als grössere, strauchige Pflanze wachsen kann. Die Gattung Juniperus umfasst mehr als 60 Arten, die über den gesamten Globus verteilt sind.

Manche zählen Juniperus polycarpos zum sogenannten Juniperus excelsa Komplex, eine Gruppe von Juniperus Arten zwischen denen oft, aufgrund ihrer Ähnlichkeit, nur mangelhaft unterschieden wird. Nach vorliegenden Informationen (Hojjati et al. 2019) besteht dieser Komplex aus drei sehr ähnlichen Arten: Juniperus excelsa, Juniperus polycarpos (var. polycarpos und var. turcomanica) und Juniperus seravschanica (Hojjati et al. 2019: 29). Andere Quellen unterteilen diese Arten durchaus anders. Synonyme der letzteren Art, Juniperus seravschanica, sind unter anderem Juniperus polycarpos var. seravschanica und Juniperus macropoda [2].

In Ladakh (Indien) zum Beispiel, ist Juniperus polycarpos in buddhistischen Gemeinschaften als "Shukpa" bekannt und besitzt dort eine immense sozio-kulturelle und religiöse Bedeutung. Juniperus polycarpos wird dort als heiliger Baum erachtet. Unter den Leuten in Ladakh sagt man, dass eine Art göttlicher Geist (Lha) den angenehmen Duft des Wacholders schätzt und in diesem Baum wohnt. Deshalb werden diese Wacholderbäume als Lha-Shing, nämlich Bäume der Götter bezeichnet (Dorjey et al. 2019: 3ff).

Juniper_in_Shahrud,_Iran.jpg

Auch kommt die Pflanze in der lokalen, traditionellen Amchi-Medizin bei Nervenbeschwerden, Herzkrankheiten und Nierenkrankheiten zum Einsatz. Ausserdem wird sie von lokalen, buddhistischen Gemeinschaften unter anderem auch zum Räuchern genutzt (Dorjey et al. 2019: 6).



WACHOLDER RÄUCHERN IM EUROPÄISCHEN KONTEXT


Auch im europäischen Raum wurde Wacholder (Juniperus communis) als Räuchermittel genutzt. Archäologische Ausgrabungen im südlichen Skandinavien förderten sogenannte Räucherkuchen zu Tage. Diese Räucherkuchen sind Verklumpungen von Pflanzenresten und Harzen, welche als Fichten-, Kiefern-, Tannen-, Eiben- und Wacholderharze identifiziert wurden. Der älteste Fund eines Räucherkuchens wurde in Dänemark gemacht und auf ca. 7200 vor Christus datiert. Diese Harzbrocken wiesen Zahnabdrücke auf, woraus man folgerte, dass die Menschen der damaligen Zeit, Harze als eine Art Kaugummi mit berauschendem Genusseffekt genutzt haben könnten.

Im Mittelalter kam der Gemeine Wacholder als Räucherung bei ansteckenden Krankheiten zum Einsatz. Auch wurde er bei Begräbnissen, um bösartige Geister fernzuhalten geräuchert. In deutschsprachigen Ländern räucherte man die Pflanze bei verschiedenen Krankheiten, wie Seitenstechen, Rheuma, Asthma, Brustschmerzen, Schlafsucht, Schwermut etc.

Ausserdem liefert der Gemeine Wacholder (Juniperus communis) einen der Hauptbestandteile sogenannter Rauhnächte-Räucherungen und gehört zum "Neunerlei Holz", zu welchen unter anderem auch Kiefer, Buche, Fichte, Eibe, Hartriegel, Lorbeer, Hasel, Eiche und unter Umständen auch andere Hölzer gehören können (Rätsch 2005: 100ff).

Räuchermischung mit Wacholderbeeren nach Rätsch (2005):

räuchern.jpg


PERSISCHER WACHOLDER, EIN PSYCHOAKTIVER RÄUCHERSTOFF?


Die Hunzakut sind eine Bevölkerung, welche sich im Nordwesten von Pakistan befindet. Durch die Isolation aufgrund der geographischen Lage des Hunzatals, konnten lange prä-islamistische, schamanistische Traditionen bewahrt bleiben. Im Zentrum dieser Traditionen steht der "Bitan", ein schamanisch Praktizierender. Diese schamanistischen Traditionen beinhalten unter anderem, dass der Bitan den Rauch schwelender Zweige des Persischen Wacholders (Juniperus polycarpos var. seravschanica) inhaliert um in einen ekstatischen Trancezustand zu gelangen. Dieser Zustand dient dazu, um mit den Pari (=übernatürliche Wesenheiten) in Kontakt zu gelangen (Sidky 1994: 68).

junip.jpg

Pari bewohnen die schneebedeckten Berggipfel und Auen, hoch über den Tälern. Die Hunzakut sagen, sie können die Stimmen der Pari im Heulen des Windes, dem Getöse der Bergflüsse, dem donnernden Echo fallender Gebirgsbrocken und dem Knarzen der Wacholderbäume hören. Pari scheinen in diesem Zusammenhang die Verkörperung von Naturgewalten zu sein.

Die Bitan sind jene Menschen, die persönlich mit den Pari kommunizieren können und wurden ursprünglich als Orakel und heilige Männer verehrt (Sidky 1994: 73f).

Musik ist ebenso ein essentieller Teil des Orakel-Rituals des Bitan. Nur spezielle Musiker dürfen die Musik spielen, zu der der Bitan während des schamanistischen Rituals tanzt. Neben der Musik, spielt auch der Persische Wacholder (Juniperus polycarpos var. seravschanica) für das Ritual eine essentielle Rolle.

Die Wacholderzweige werden vom Bitan einige Tage zuvor gesammelt, um sie beim Ritual zu verräuchern. Zu Beginn wird der Bitan über die glühenden Wacholderzweige gebeugt, wobei 2 Helfer ihm eine Handvoll Wacholderblätter in den Mund geben und ihn festhalten, bis er genug von den Dämpfen inhaliert hat.

bitan1.jpg

Während der Bitan den Wacholder-Rauch inhaliert und die Wacholderblätter kaut, beginnen die Musiker ihre spezielle Musik für den Bitan zu spielen. Der Bitan fällt in eine Art Trancezustand und beginnt sich zu drehen und zu tanzen. Der Bitan lehnt sich zu den Musikinstrumenten um den Stimmen der Pari zu lauschen (Sidky 1994: 81f).

bitan2.jpg


ZUCHT

Da Juniperus polycarpos Samen eine sehr niedrige Keimrate (etwa 8%) besitzen benötigen sie eine Vorbehandlung, um die Keimrate zu erhöhen. Eine Wärme-Kälte Stratifikation, bei der die feuchten Samen zuerst für 16 Wochen bei 20°C gehalten wurden und anschliessend 12 Wochen bei 1°C, schien am effektivsten (Keimrate bis zu 72%) zu sein. Eine Vorbehandlung mit einer 500ppm Gibberellinsäurelösung für 72 Stunden bei 20°C schien ebenfalls die Keimdauer zu verkürzen und die Keimrate (25%) zu erhöhen. Sie war jedoch nicht so effektiv wie die Wärme-Kälte Stratifikation. Eine Kälte-Stratifikation für 16 Wochen allein, ergab eine Keimrate von 42%. In der vorliegenden Studie wurden die Samen zur Keimung nach den verschiedenen Vorbehandlungen bei konstanten 20°C unter eine Lichtquelle platziert (Daneshvar et al., 2016).

juniperseeds.JPG





Quellen:

Daneshvar et al. (2016). Stimulation of germination in dormant seeds of Juniperus polycarpos by stratification and hormone treatments. In: New Forests, 47, pp. 751-761.

Dorjey et al. (2021). Ethnobotany of Juniperus polycarpos C. Koch (Cupressaceae) in the Himalayan cold desert of Union Territory of Ladakh, India. In: Indian Journal of Traditional Knowledge Vol 20(1), pp. 1-8.

Hojjati et al. (2019). Leaf essential oils and their application in systematics of Juniperus excelsa complex in Iran. In: Biochemical Systematics and Ecology 84, pp. 29–34.

Rätsch, Christian. (2005): Der Heilige Hain. AT Verlag: Baden und München.

Sidky, Homayun. (1994). Shamans and Mountain Spirits in Hunza. In: Asian Folklove Studies, Volume 53, pp. 67-96.

Stappen et al. (2015). Chemical Composition and Biological Activity of Essential Oils from Wild Growing Aromatic Plant Species of Skimmia laureola and Juniperus macropoda from Western Himalaya. In: Natural Product Communications Vol. 10 (6): pp. 1071-1074.


Hyperlinks:

[1]: https://npgsweb.ars-grin.gov/gringlobal ... ?id=419436

(abgerufen am 02.01.2022)

[2]: http://wcsp.science.kew.org/synonomy.do?name_id=377336

(abgerufen am 02.01.2022)


Fotos:

Adams et al. (2014). Confirmation of the southern-most population of Juniperus seravschanica in Oman by DNA sequencing of nrDNA and four cpDNA regions. In: Phytologia 96 (3): pp. 218-224.

Rätsch, Christian. (2005): Der Heilige Hain. AT Verlag: Baden und München.

Sidky, Homayun. (1994). Shamans and Mountain Spirits in Hunza. In: Asian Folklove Studies, Volume 53, pp. 67-96.

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m.speciosa
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Re: Persischer Wacholder

Beitrag von m.speciosa »

Mega! Danke! Super Beitrag
Ob er wohl auch zwischenwirt wie comunis ist?

Die hohen vorkommenden kassen ja auf eine gewisse winterhärte schließen.

Die Behandlung mit ga3 vor der warme kalte stratification bringt bei manchen species noch bessere Ergebnisse.

Ich melde mich mal direkt fur pflänzchen an 😁
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Zebra
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Re: Persischer Wacholder

Beitrag von Zebra »

Habe mich für Gibberelinsäure solo nach Vorgabe entschieden, ohne monatelange Wärme-Kältestratifikation.
GA3 in Kombi mit Kälte Stratifikation scheint laut Paper die Keimrate noch mehr zu heben.
Vielleicht gibt es ein paar Pflänzchen trotzdem, mit etwas Glück.
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