Ginkgo biloba - Eine Übersicht

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Boothby
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Ginkgo biloba - Eine Übersicht

Beitrag von Boothby »

Es kam ja im Growvorsätze 2022 Thread die Frage nach den unterschiedlichen (gartentauglichen) Sorten des Ginkgo biloba auf und ich wollte hier mal meinen Kenntnisstand breittreten. Dieser beruht auf den Sorten, die auch aus der Baumschule kenne, in der ich in den letzten zwei Jahren mitgearbeitet habe. Es gibt noch deutlich mehr Sorten, aber ich werde nur von denen berichten, die ich mal in der Hand hatte. Ob und wie sich die Sorten hinsichtlich ihrer Inhaltstoffe von der reinen Art unterscheiden, dazu habe ich keine Informationen.

Ginkgo biloba
Entwicklungsgeschichtlich eine sehr alte Pflanze, die direkt aus den Urfarnen zur gleichen Zeit wie die ersten Nadelgehölze entstanden ist. Botaniker ordnen den Ginkgo auch bei den Koniferen ein. Die reine Art wird im Normalfall 20 – 30m hoch und 15 -20m breit. Es ist also ein Großbaum der sonnig bis absonnige Standorte besiedelt und dabei wenig Ansprüche an den Boden und Klima stellt. Einzig Staunässe wird nicht vertragen. Die reine Art hat eine ausgeprägt lange Jugendphase in der sie ziemlich sparrig und locker, manch einer sagt hässlich, wächst. Imho größter Nachteil bei allen Ginkgo ist, dass sie erst sehr spät Austreiben und schon wieder sehr früh die Blätter abschmeißen.
Die Pflanze ist zweihäusig, es gibt also männliche und weibliche Ginkgo. Es werden aber ausschließlich männliche Pflanzen und Sorten gehandelt, da die weiblichen Pflanzen unter anderem Buttersäure in den Blüten und Samen ausbilden – ein olfaktorischer Hochgenuss. Deswegen ist auch nur wenig Saatgut zu finden und die Chance nach Jahren der Anzucht festzustellen, dass man eine Stinkmorchel großgezogen hat, reduziert das Anbauvergnügen.
Die Sorten im Handel unterscheiden sich vor allem in ihrer Wuchsform. Dabei kann man eine grobe Einteilung vornehmen: Säule, Zwerg, kompakt- strauchig wachsend und außergewöhnliche Wuchsformen. Die Sorten werden meist auf Unterlagen oder Stämme der reinen Art veredelt.

Säulenformen
Diese zeichnen sich durch kurze Seitenäste und oder die fast vertikale Ausrichtung der Nebentriebe aus und werden dabei nur wenige Meter breit. Je nach Sorte unterscheiden sich diese dann noch in ihren Endhöhen. In meinen Augen die Gruppe, die man am ehesten vernachlässigen kann - da selten wirklich schön. Sorten hierbei sind: ‘Menhir‘, ‘Fastigata‘, ‘Fastigata Blagon‘, ‘Princeton Sentry‘, ‘Tremonia‘
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Ginkgo biloba 'Menhir'; Quelle: https://www.andre-briant.fr/

Kompakt- und strauchig wachsend
Für kleiner bis mittlere Gärten die richtige Gruppe. Diese Sorten verzweigen sich sehr gut und bilden dichte Büsche oder Kronen aus, wachsen häufig mehrtriebig. Die meisten Kandidaten werden zwischen 2 und 4 m hoch und etwa genauso breit. Dazu gehören: ‘David‘ absolute Top-Sorte!, ‘Simon‘ etwas höher als breit, ‘Baldi‘ bis 2m mit sehr kleinen Blättern und noch Gingko biloba ‘Tit‘ welche deutlich größer wird als die anderen Kandidaten dieser Kategorie, dabei aber auch sehr dicht wächst.
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Ginkgo biloba 'David'; Quelle: https://debloeimeesters.nl/


Zwerge
Wachsen alle sehr dicht und knorrig, langsam im Wuchs und werden meist breiter als hoch. Eignen sich hervorragend für die Kultur im Topf und für die Verwendung als Bonsai. Auf Hoch- oder Halbstamm veredelt werden diese Sorten auch als „Kugelbäume“ verkauft. Dazu gehören: ‘Marieken‘ und ‘Troll‘
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Ginkgo biloba 'Marieken'; Quelle: www.pahls.com

Weitere
Zu den außergewöhnlichen Formen zählen: ‘Tubifolia‘ bei der sich die Blätter einrollen, ‘Pendula‘ mit hängenden Trieben, also eine Trauerform, ‘Horizontalis‘ bei der die Seitentriebe abstrakt in der Horizontalen wachsen und dann gibt es noch Sorten mit gezeichneten Blättern. Dazu zählen ‘Variegata‘ mit grün-weiß gestreiften Blättern und ‘Yellow Mellow‘ und ‘Montezuma‘ mit gelb-bläulich grün gestreiften Blättern.
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Ginkgo biloba 'Yellow Mellow'; Quelle: https://www.hgeers.nl/


In meiner Sammlung habe ich:
  • 'Yello Mellow'
  • 'Variegata'
  • Einen Sämling, der zum Bonsai erzogen wird
finde aber kein einziges Foto davon

Noch ein letzter Erfahrungswert: Vor allem bei der Kultur im Topf sollte eine kräftige Startdüngung im Frühjahr erfolgen. Startet ein Ginkgo unternährt in die Saison, beginnen die Blätter schon Ende Juli mit der Herbstfärbung. Die sind dann gleich so beleidigt, dass eine Nachdüngung nur bedingt Besserung bringt.
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Zebra
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Re: Ginkgo biloba - Eine Übersicht

Beitrag von Zebra »

Dankeschön, sehr interessant und schön bebildert :Hände Klatschen:

Am meisten sprechen mich "Variegata" und Ähnliche an!
Der "Yellow Mellow" ist ausserordentlich schön, ebenso der "Montezuma" wie eine Google Suche ergeben hat.

Nach deinen Ausführungen müsste sich doch auch der "Baldi" mit den kleineren Blättern gut als Bonsai eignen.
Oder spielt es bei den unterschiedlichen Formen keine Rolle und sie eignen sich alle, oder nur im speziellen die Zwergformen, die langsam wachsen?
Liane84

Re: Ginkgo biloba - Eine Übersicht

Beitrag von Liane84 »

Cool, vielen Dank für deine Mühe :-)

Die Gingkos sehen alle sehr schön aus.
Gingko als Bonsai ist aber auch eine schöne Idee.
Da trau ich nicht ran.
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Boothby
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Re: Ginkgo biloba - Eine Übersicht

Beitrag von Boothby »

Allen panaschierten Sorten ist gemein, dass sie langsamer wachsen (weniger Chlorophyll?) und häufig in die ursprüngliche Form zurückfallen. Sprich von Natur aus weniger Zuwachs und dann muss man noch die grünen Triebe rausnehmen und hat somit ein unglaublich langsam wachsendes Teil. Wahrscheinlich auch deswegen sind die verhältnismäßig teuer aber halt auch sau schön.
ginkgo_cleaned.jpg
Hier auf dem Foto sieht man eine 'Variegata', ist schon etwas älter, ca. 1,80m hoch und wurde nie wirklich gepflegt und hat noch zwei Triebe die die Blattzeichnung aufweisen.

Mit Bonsai ist es ja wie mit Kindern - alles eine Frage der Erziehung ;) Meiner Ansicht nach, kann erstmal jedes Gehölz zum Bonsai erzogen werden. Einige leichter die anderen schwerer. Möchte man eher antiautoritär erziehen, dann würden sich 'Mariken' und 'Troll' anbieten, die wachsen von alleine wie ein Bonsai.
Übrigens, ich meine auch mal gelesen zu haben, dass sich Ginkgo nicht nur als Gartenbonsai eignet, sondern auch im Zimmer gedeiht.
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Putrema
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Re: Ginkgo biloba - Eine Übersicht

Beitrag von Putrema »

Dem Ginkgo bin ich zum ersten Mal erst vor ein paar Jahren in einem Garten begegnet, wo ich etwas ausgeholfen habe. Seither habe ich schon einige Ginkgobegegnungen mehr machen können, die Jüngste war tatsächlich einfach an der Straße vor meiner Haustür. Den Ginkgo habe ich auf diese Weise schon öfter gefunden, indem ich einfach die heruntergefallenen Blätter auf dem Boden erkannt habe. GInkgos können schon groß sein.
Liane84

Re: Ginkgo biloba - Eine Übersicht

Beitrag von Liane84 »

Boothby hat geschrieben: 13. Jan 2022, 16:05 Übrigens, ich meine auch mal gelesen zu haben, dass sich Ginkgo nicht nur als Gartenbonsai eignet, sondern auch im Zimmer gedeiht.
Gingko als Zimmerbonsai wäre echt schön.
Kann ich mir aber gar nicht vorstellen.
Braucht der Winter dann nicht einen kühlen Ort?
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Boothby
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Re: Ginkgo biloba - Eine Übersicht

Beitrag von Boothby »

Ich denke nicht, dass es der Ginkgo gerne hat in der Wohnung zu stehen. Und ich bin ebenso deiner Meinung, dass er im Winter kühler stehen möchte (schätzungsweise 10-5°C), aber möglich sollte es schon sein. Sein muss das aber nicht.
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Zebra
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Re: Ginkgo biloba - Eine Übersicht

Beitrag von Zebra »

Putrema hat geschrieben: 13. Jan 2022, 18:19 GInkgos können schon groß sein.
Das kann ich bestätigen. :tongue:


Liane84 hat geschrieben: 13. Jan 2022, 20:29
Boothby hat geschrieben: 13. Jan 2022, 16:05 Übrigens, ich meine auch mal gelesen zu haben, dass sich Ginkgo nicht nur als Gartenbonsai eignet, sondern auch im Zimmer gedeiht.
Gingko als Zimmerbonsai wäre echt schön.
Kann ich mir aber gar nicht vorstellen.
Braucht der Winter dann nicht einen kühlen Ort?
Die Frage nach dem raus in den Garten stellen, stellt sich bei mir ohnehin nicht, also danke für diese Information. :D
BIn auch immer sehr angetan, von den kleinen Bäumen in der Schale.
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