Phytocannabinoide in der Gattung Radula

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אל תשאלו
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Phytocannabinoide in der Gattung Radula

Beitrag von אל תשאלו »

Phytocannabinoide in der Gattung Radula

Systematik
Klasse: Jungermanniopsida
Unterklasse: Jungermanniidae
Ordnung: Radulales
Familie: Radulaceae
Gattung: Radula

Bis vor wenigen Jahren dachte man, dass Phytocannabinoide, also natürlich vorkommende Cannabinoide, spezifische Inhaltsstoffe der Cannabispflanze seien. Mittlerweile hat man Cannabinoid- ähnliche Substanzen auch in mehreren Moosen der Gattung Radula nachweisen können.

Radula ist eine Gattung der Lebermoose, sie ist die einzige Gattung in der Familie Radulaceae. Die Gattung ist weltweit mit 172 Arten vertreten.
Characteristisch für Radula Arten ist das sie abgerundete, überlappend, zweilappige Blätter haben. Dadurch lassen sie sich deutlich von anderen Moosen unterscheiden.

1993 kamen einige japanische Wissenschaftler nach Neuseeland, um die Chemie von Lebermoosen der Gattung Radula zu studieren. Es wurde vermutet das verschiedene Arten der Gattung Radula Cannabinoide ähnlich des THC enthalten könnten. Wie auch immer, sie wurden in einem Äther Extrakt bei Radula Marginata fündig
Radula marginata lieferte ein neues Cannabinoid- vom Bibenzyl Typ namens Perrottetin Säure, und zwei neue Bibenzyle, zusammen mit einem bekannten Cannabinoid dem Perrottetinene. Ihre Strukturen wurden durch zweidimensionale (2D) NMR-Daten etabliert. Die Struktur der Perrottetin Säure war ähnlich der des Delta 9-Tetrahydrocannabinol. Cannabinoid-typische Bibenzyle hatte man bis dato vom Lebermoos Radula perrottetii isoliert, aber nicht aus R. Marginata.
Beide neu gefundenen natürlichen Cannabinoide haben eine deutlich schwächere Wirkung als das uns bekannte THC. Perrottetinene z.B. scheint etwa 1/2 bis 1/4 der Potenz von THC zu besitzen.
Später fand man in weiteren Radula Arten psychoaktive Bibenzyle. Interessant ist das Bibenzyle nur in Lebermoosen, nicht jedoch in Laubmoosen vorkommen.


Seit einiger Zeit finden sich in einigen Internetforen Berichte zu Extraktion und Gebrauch der Moose. So berichtete jemand ...ergab zwei Gramm trockenes Moos Extrakt welches einen Cannabis entsprechenden Zustand ergab. Der Höhepunkt der Wirkung war nach 15-30 Minuten erreicht, und hielt insgesamt etwa drei Stunden an. Solche Informationen sind eher mit Vorsicht zu genießen da andere Experimentatoren von einer kürzeren Wirkung berichteten. Allen gemein ist das Zubereitungen aus den Moosen eine deutlich geringere Potenz aufweisen als THC.

Eine Entnahme der Moose aus der Natur ist mit Skepsis zu sehen. Besser und auf längere Sicht Erfolg versprechender, da Radula Arten gerne in Gesellschaft anderer Moose vorkommen, ist die Kultur auf geeigneten Nährmedien wie sie in der Pflanzenzucht verwendet werden. Es ist nicht auszuschließen das Murashige & Skoog geeignet wäre. Letztendliche Versuche dies bezüglich stehen allerdings noch aus. Ein Thema, dass noch einiges an Potential bietet.

Der Besitz, Anbau und die Weitergabe sowohl der Moose wie auch dieser natürlichen Cannabinoide ist legal.

Mindestens vier Arten enthalten das Cannabinoid Perrottetinene und verwandte Substanzen.
Radula marginata
Gefunden wurden 0,56% des Cannabinoid Perrottetinene und 0,087% Perrottetin Säure.
Die Art scheint aktiv zu sein, jedoch nicht sehr potent.
Endemisch in Neuseeland.

Radula complanata
Gewöhnliche Kratzmoos (Radula complanata), auch Abgeflachtes Kratz-Lebermoos oder hellgrünes Rindenmoos.
Eine zirkum boreale Art der nördlichen Halbkugel die in Mitteleuropa verhältnismäßig häufig ist.
Im nördlichen Amerika vereinzelt bis Mexiko vorkommend. Auf der nördlichen Hemisphäre wohl weiter südlich verbreitet als bislang angenommen, wie ein aktueller Fund aus dem indischen Kashmir im Himalaya zeigt.
Auf Grund ihrer Verbreitung stellt sie die für uns Mitteleuropäer interessanteste Art dar.

Radula perrottetii
Enthält Perrottetinene.
Endemisch in Japan.

Radula laxiramea
Enthält Perrottetinene.
Endemisch in Mittelamerika.


Radula complanata
R. complanata tritt normalerweise als Epiphyt an Bäumen und Sträuchern, wie auch auf Felsen in der Nähe von Bächen oder Seen unterhalb der Baumgrenze auf.
Das bis zu 3cm lang werdende flachwachsende Moos ist blass gelblich-grün, wächst alleine oder in Gemeinschaft mit anderen Moosen.
Obwohl es feuchte Bedingungen mag werden tief schattige Bereiche gemieden.
Verwechslungen können mit Radula lindenbergiana (Radula complanata ssp. lindenbergiana) auftreten von dessen psychoaktiven Potential nichts bekannt ist. R.lindenbergiana ist im Gegensatz zu R. complanata zweihäusig. Männliche Pflanzen besitzen auffällige langen, schmal- ährenförmigen Gametangienstände (Geschlechtszellen oder Keimzellen). Anders sieht es bei dem weiblichen Gegenstück aus das sich nur sehr schwer bis gar nicht unterscheiden lässt.
Vermutlich ist die Art nur in den Alpen und am Alpenrand heimisch. Nördlich wurden bis jetzt nur einige vereinzelte Funde aus Mittelgebirgen wie dem Harz gemeldet.


Interessanterweise kommt in der japanischen Farn-Art Hymenophyllum barbatum (BOSCH) BAKER die Verbindung Perrottetin H vor(OISO et al.1999). Ob diese eng mit Perrottetin E verwandte Substanz ebenfalls psychoaktive Wirkungen induzieren kann, ist ungewiss, aber wahrscheinlich. Außerdem enthält die Farnart das ebenfalls psychoaktive, auch in der Passionsblume (Passifloraspp.) vorkommende Flavon Apigenin sowie die Hemiterpen-Glykoside Hymenosid A, B, C, D, E und F (OISO et al. 2001). Diese Farnspezies ist also für die psychoaktiva-Forschung von erheblicher Relevanz.
Markus Berger, PSYCHOAKTIVA - Teil XIII, Hanfjournal 09.09.04



http://en.wikipedia.org/wiki/Radula_%28plant%29
http://en.wikipedia.org/wiki/Radula_marginata
http://de.wikipedia.org/wiki/Gew%C3%B6h ... _Kratzmoos

http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=8219.0 (Gute Seite zur Bestimmung von R. complanata)
http://eol.org/pages/604294/overview (Gute Seite zur Bestimmung von R. complanata)

http://www.moose-deutschland.de/gis2011 ... idx=103832

1994: Toyota M., Kinugawa T., Asakawa Y.: "Bibenzyl Cannabinoid and Bisbibenzyl Derivative from the Liverwort Radula perrottetii.", Phytochemistry: 37(3): S. 859-862, 1994. (Wikipedia)

2002: Toyota M., Shimamura T., Ishii H., Renner M., Braggins J., Asakawa Y.: "New bibenzyl cannabinoid from the New Zealand liverwort Radula marginata.", Chemical and Pharmaceutical Bulletin: Tokyo, Oct., 50(10): S. 1390-2, 2002. (Wikipedia)

2008: Song Y., Hwang S., Gong P., Kim D., Kim S.: "Stereoselective total synthesis of (-)-perrottetinene and assignment of its absolute configuration.", Organic Letters., Jan. 17, 10(2): S. 269-71, 2008. (Wikipedia)

2712 Bull. Korean Chem. Soc. 2010, Vol. 31, No. 9 Notes
DOI 10.5012/bkcs.2010.31.9.2712
Concise Synthesis of (±)-Perrottetinene with Bibenzyl Cannabinoid
Byung Ho Park and Yong Rok Lee*

http://www.korseby.net/outer/flora/bryo ... adulaceae/

http://www.bluelight.org/vb/threads/642 ... Liverworts

http://www.tripme.co.nz/forums/showthre ... etinene%29

https://www.dmt-nexus.me/forum/default. ... ts&t=18193 Interessanter Thread in dem es weniger um psychoaktive Moose sondern um psychoaktive Flechten geht.


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curandero
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Re: Phytocannabinoide in der Gattung Radula

Beitrag von curandero »

Superinteressanter Beitrag, danke! Das nächste mal im Wald werd ich noch genauer auf Moose und Flechten achten als bisher.
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אל תשאלו
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Re: Phytocannabinoide in der Gattung Radula

Beitrag von אל תשאלו »

Flechten sind neben Moosen wirklich interessante Wesen.
An Moosen kultiviere ich einige Arten. Submerse und Emerse. Leider noch nichts von den vorgestellten. Grade habe ich einige angebliche tropische Landmoose bekommen die ich in einem Glas kultivieren möchte. Für später wenn sie angewachsen sind ist geplant das Habitat mit Asseln zu beleben.
Eine Kultur von Radula complanata wird denke ich nicht so schwierig sein. Notfalls InVitro auf M&S.
Obiger Beitrag wird die Tage noch um Bilder und einige Info's ergänzt.
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hammock
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Re: Phytocannabinoide in der Gattung Radula

Beitrag von hammock »

curandero hat geschrieben:Superinteressanter Beitrag, danke! Das nächste mal im Wald werd ich noch genauer auf Moose und Flechten achten als bisher.
Da mach ich mit ! Ich wohn hier in nem Naturschutzgebiet mit sehr viel Wald und Bächen und demzufolge auch sehr viel Moosarten.
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hammock
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Re: Phytocannabinoide in der Gattung Radula

Beitrag von hammock »

chronic hat geschrieben:Für später wenn sie angewachsen sind ist geplant das Habitat mit Asseln zu beleben.
Oha, soll dass heissen, dass die Moose die Sch... der Asseln umwandeln, bzw sind da irgendwelche Bakterien involviert?
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אל תשאלו
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Re: Phytocannabinoide in der Gattung Radula

Beitrag von אל תשאלו »

Nun ja auf der einen Seite mag ich mini Lebensräume und auf der anderen Seite interessiert mich die Fähigkeit der Asseln sogar Schimmel fressen zu können.
Da ich unterschiedliche Pflanzen pflege, darunter welche die feuchte Lebensräume bevorzugen, ist es für mich lohnenswert nach Möglichkeiten Ausschau zu halten die unter feuchten Bedingungen zersetzende Pflanzen oder gar Schimmel kurz zu halten. An gesundes Pflanzengewebe gehen sie nicht dran.
Lüften bringt nicht immer den Erfolg Schimmel zu verhindern. Manchmal kommt es trotzdem zu Problemen.
Angedacht sind tropische Asseln die außerhalb des Terrariums nicht überlebensfähig sind.
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hammock
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Re: Phytocannabinoide in der Gattung Radula

Beitrag von hammock »

Mir fehlen grad die Worte ...

ich find das äußerst interessant !
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curandero
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Re: Phytocannabinoide in der Gattung Radula

Beitrag von curandero »

Fressen die Asseln nicht nur Saprophyten, die den Pflanzen also sowieso nicht unmittelbar schaden?
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Re: Phytocannabinoide in der Gattung Radula

Beitrag von אל תשאלו »

Die Asseln fressen nur abgestorbenes Gewebe. Schimmel wird nicht verschmäht. In eine mycelenthaltene Box würde ich sie nicht einbringen. Glaube das wäre das Schlaraffenland für sie.
In der Terraristik werden schon lange Asseln, Springschwänze und andere Gliederfüssler als Putzkolone eingesetzt.
Daher mein Ansatz.

Schimmel an abgestorbenen Gewebe ist für viele Pflanzen nicht unmittelbar gefährlich. Erst wenn es zu Verletzungen kommt kann es gefährlich werden.
Gefährlich wird es indirekt bis unmittelbar für mich wenn ich den Deckel einer Plastikbox öffne und die Schimmelsporen verbreiten sich durch den Luftzug im Raum.
Dabei ist es nicht auszuschliessen das Mensch was einatmet. Ganz davon mal abgesehen das diese Sporen sich ewig in der Wohnung halten. Zu der normalen Belastung in Räumen eine nicht hinnehmbare Beeinträchtigung.
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curandero
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Re: Phytocannabinoide in der Gattung Radula

Beitrag von curandero »

chronic hat geschrieben: Gefährlich wird es indirekt bis unmittelbar für mich wenn ich den Deckel einer Plastikbox öffne und die Schimmelsporen verbreiten sich durch den Luftzug im Raum.
da haste recht
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