Frage zur Kulturgeschichte des SKKK

Waaagh
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Re: Frage zur Kulturgeschichte des SKKK

Beitrag von Waaagh »

Also ich finde auch die Tatsache das er Fliegenpilze UND Psilocybe SKKK und vll noch cyanecens in einem Bild zeigt sehr aufschlussreich.

Ich kann mich damit abfinden das der Fliegenpilz als Märchensymbol für Glück etc. (auch wenn ich den Ursprung für die Glücksthese ebenso nicht finden kann) steht.

Aber lediglich psychoaktive Spezies, ist ein eindeutiger Hinweis. (Und dann noch Muscimol und Psilocybin Typ)
Und das ich einer Märchengeschichte mit Hexen und Verwandlungen.
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AshTea
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Re: Frage zur Kulturgeschichte des SKKK

Beitrag von AshTea »

Waaagh hat geschrieben:
AshTea hat geschrieben: Der SKKK scheint wirklich nur im Alpenraum vertreten zu sein. Vielleicht lag es auch an der Region bzw. der christlichen Einstellung, dass dieser Pilz vermieden wurde. Man kannte sicher auch das Phänomen, dass Kühe manchmal etwas komisch waren und beobachtet wurde, dass dies von SKKK kam. Die Kühe waren narrisch. Vielleicht meinte man auch, dass der Teufel in denjenigen steckt, der diese Pilze isst. Vielleicht meinte man auch, dass man krank wird, weil es "Kuhdungpilze" waren.

Es kann viele Gründe geben warum der Pilz „vergessen“ wurde. Ich schaue immer wieder mal auf Trödel nach alten Bücher, aber auch da habe ich noch nie etwas gefunden in dieser Richtung. Vielleicht liegt es auch daran, dass in dieser Gegend der SKKK selten ist. Ich kann mal im Archiv recherchieren. Vielleicht finde ich was.

Also tatsächlich lässt sich der SKKK in nahezu jedem Lang Europas finden.
In Deutschland ist mir kein Bundesland ohne Sichtungen bekannt.

An einigen Gebieten wie Wales gibt es jedes Jahr sogar massenhaftes Auftreten.
Habe auch von der Theorie gelesen das in Stonehenge vorrangig Pilze konsumiert worden.
Was ich eher meinte ist, dass der Begriff "Narrischer Schwammerl" auf die südliche Region bezogen und auch mit dem Fliegenpilz verbunden war. Wenn ich in meiner Gegend keinen fand, dann lag es nur an den schlechten Plätzen.

Im Bezug auf Frau Holle und das diese zur Hexe mutierte wurde auch Hexe Babayaga genannt und diese ist mit dem Fliegenpilz verbunden. Das Märchen "Der Hirsch mit dem goldenen Geweih" ist ein Pilzmärchen. Die Zwillinge sind Pilze sammeln und gehen in den Hexenwald, wo es auch "Hexenpilze" gibt. Die Wesen dort haben Fliegenpilzhaarreifen und die Hexe spielt mit Fliegenpilzkarten. In dem Märchen selbst sind aber auch andere Pilze vertreten. Einer erinnert mich an den SKKK. Der Standort ist falsch und es sind sicher die typischen Waldpilze. Jedenfalls sind da sehr viele Pilze vorhanden, Verwandlungen und Visionen.



Ab 15:44 sind die speziellen Pilze zu sehen.

Kennt jemand von euch von Rätsch „Urbock“? Bier soll damals mit Psilocybe versetzt worden sein.

Vielleicht lohnt es sich auch mal den Nachtschattenverlag anzuschreiben. Sie haben mehrere Bücher über den Psilocybe herausgebracht, darunter auch „Narrenschwämme“. Vielleicht können sie ein Buch empfehlen, wo genau das drin steht, was wir suchen.
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Glückspilz
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Re: Frage zur Kulturgeschichte des SKKK

Beitrag von Glückspilz »

Also, ich hab mir den Film gerade angeguckt (danke fürs Raussuchen) und es gibt tatsächlich einige Pilze, die vom Habitus her ein wenig an die SKKKs erinneren: dünner Stiel und spitzer Hut. Aber wie du sagst, stimmt erstens der Standort nicht (Wald) und zweitens sind die Pilze viel zu groß (sie gehen den Kindern bis ans Knie). Außerdem sammeln die beiden Kleinen ja mit Feuereifer die großen Steinpilzartigen in ihre Sammelkörbchen und die SKKK-Artigen bleiben am Wegrand stehen. Nichts was auf die Verwendung von SKKKs hinweisen würde.

Aber ich finde es klasse, was meine Frage für eine Resonanz auslöst, was da alles rausgesucht wird und welche Ideen diskutiert werden. Danke @Zebra auch für die botanische Namenserkundung. Das macht es auch noch mal klarer. Wobei wahrscheinlich eher solche Namen wie Hexenpilze oder Narrenschwammerl Hinweise auf die psychoaktive Verwendung geben würden.
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AshTea
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Re: Frage zur Kulturgeschichte des SKKK

Beitrag von AshTea »

Ich habe mal die deutsche Version herausgesucht, dort werden die Pilze auch benannt. In Deutschland wurde der Film geschnitten und einige Szenen entnommen. Deshalb habe ich die russische Version genommen.

Die Pilze sind für das Märchen überdimensioniert. Das sieht man auch am Königspilz. Der wird in der Natur nicht so groß. :D

Die eine Szene mit dem möglichen SKKK... er wirkt auch so, als ob er diesen typischen Knubbel an der Spitze hat.

Die Verwendung vom SKKK wird dort natürlich nicht fokussiert. Ich finde es aber interessant, dass dort auch andere Pilze stehen, die keine Steinpilze waren. Ich glaube, dass die Wesen auch Champignons zauberten, die es auch nicht im Wald gibt. In Russland werden auch viel mehr Pilze benutzt. Einige müssen vorher behandelt werden, eh man sie konsumieren kann. Man kennt sich anscheinend dort sehr gut aus. Es wäre also nicht verwunderlich, wenn ein SKKK dort bekannt ist, wenn auch unter einem anderen Namen. Vielleicht finde ich etwas heraus.

Vielleicht bringt man auch mehr Licht ins dunkel, wenn man die Märchen analysiert. Dort geht es doch immer um eine Wunderpflanze oder Wunderpilz, Magie und Verwandeln. Alice im Wunderland ist voller Drogen.


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אל תשאלו
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Re: Frage zur Kulturgeschichte des SKKK

Beitrag von אל תשאלו »

Einige Anmerkungen zu dem was vor mir geschrieben wurde.
Glückspilz hat geschrieben:Mich hat auf anderem Wege inzwischen ein interessanter Hinweis erreicht:

Eine Illustration von Iwan Bilibin in einem russischen Märchenbuch von Alexander Afanasjew. Das Bild ist von 1899 und im Rahmen sind deutlich SKKKs zu erkennen. Das illustrierte Märchen ist von der schönen Wassilisja und der Hexe Baba-Jaga. Aber im Märchentext gibt es keinen Hinweis auf irgendwelche psychoaktiven Speisen.

Hier der Text: http://www.hekaya.de/maerchen/baba-jaga--europa_13.html

Die anderen Illustrationen von Bilibin, die ich mir angeschaut habe, zeigen hier und da noch ein paar Fliegenpilze (ist ja ohnehin DER Märchenpilz) aber keine weiteren SKKKs.

Kennt sich jemand aus im russischen Jugendstil? Gab es da eine Szene, die sich mit psychoaktiven Sachen beschäftigt hat?
Maerchen-Illustration-1.jpg

Generell kann man sagen, dass mit das wichtigste im Jugendstil florale Ornamente sind die durch mehr oder weniger verfremdete Elemente, vor allem aus der Natur, ergänzt wurden. Das als Stilelement Pilze zu sehen sind, die zufälliger Weise SKKK ähnlich sehen, halte ich für weit gehend bedeutungslos. Selbst wenn es von einem Künstler eines den Pilzen zugewandten Volkes stammt. Natürlich ist es gut möglich, dass er vom shamanistischen Gebrauch des Fliegenpilz im fernen Osten des russischen Riesenreichs wusste. Ebenso das es einen völkischen Gebrauch der Kahlköpfe gab der ihm bekannt war. Trotzdem sehe ich diese Darstellung erst einmal als „nur“ gestalterisches Element weil Pilze halt in vielen Märchen vorkommen.




Waaagh hat geschrieben:Sehr nice ! hatte die Baba Jaga auch im Verdacht, aber nur ganz klar Fliegenpilze entdecken können in den Zeichnungen.

Was sagt ihr zum Pastor David Schlesinger der dieses kirchliche Bild gepostet hat:

Bild
Pilz Jesus,

seine Theorie spricht von Pilzen als Fleisch Gottes, die es früher statt lamen Oblaten und Wein gab :D
Baba Jaga bedeutet übersetzt „Alte Frau“ stammt aus dem Altslawischen und ist für das Großmütterchen in der oder ähnlicher Form in den meisten slawischen Sprachen immer noch gebräuchlich. Erst mit der Christianisierung wurde daraus eine Hexe wie wir sie aus unseren Märchen kennen.

Von Pastor David halte ich nicht viel weil mir seine Ansichten zu krude und wenig fundiert erscheinen. Die Theorie des Pilz als Fleisch Gottes, der in einer früheren Zeit statt Brot und Wein in der Eucharistie gereicht wurde stammt auch nicht von ihm sondern von John Marco Allegro der über genau diese These in seinem schon früh erschienenen Buch: The Sacred Mushroom and The Cross: A study of the nature and origins of Christianity within the fertility cults of the ancient Near East schrieb.

https://www.youtube.com/watch?v=Es5yBwOrLS0

https://www.youtube.com/watch?v=yyeHZp5cmCI

Das gezeigte Bild ist aus dem dem 12. Jahrhundert stammenden Eadwine Psalter, der von einem Mönch der heute Canterbury Cathedral genannten Kirche in gleichnamiger englischen Stadt stammt. Allegro thematisierte in seinem Buch den Fliegenpilz, weniger einen etwaigen anderen Pilz der psychoaktive Eigenschaften hat. Nichts desto trotz, ein faszinierendes Buch das einige Dinge in neuem Licht erscheinen lässt obwohl einige seiner Thesen mittlerweile gründlich wiederlegt wurden.
Waaagh hat geschrieben:Ja die deutsche Literatur beschreibt semilanceata teilweise ja sogar als "Wertlos"
Allerdings wurde es von dem englischen Arzt nach dem Familientrip perfekt beschrieben und auch später noch mit Pilzbild veröffentlicht.



mega. also ich hab mittels google Bildersuche ja noch eins gefunden :)

Sehr schön finde ich auch , das hier beide Pilze eindeutig abgebildet sind.


Bild

Das Märchen des weißen Schwans, klingt ansich wie nen Pilztrip.
Vielleicht auch gemischt Psilocybe und Muscaria ? Deswegen beide Pilze im Bild ?
Bild
Hier würde ich sogar noch andere Psilocybe Arten vermuten zusätzlich zum fliegenpilz.
Wie schon weiter oben geschrieben möchte ich eine gewisse Sachkenntnis von Alexander Afanasjew über psychotrope Pilze nicht in Abrede stellen. Als Spezialist für russische Märchen waren ihm gewisse Elemente des Volksglauben und der Märchenwelt sicher nicht fremd. Dazu gehören nun mal auch Pilze. Ich kann mich erinnern, dass in meiner Kindheit in älteren Darstellungen ebenfalls Pilze in vielerlei Formen vor kamen. All dies halte ich nach wie vor für„schmückendes Beiwerk“ wobei ich echt froh bin das mir diese russischen Darstellungen aus Kinderbüchern nahe gebracht wurden. Ob sie bewusst uns bekannte Pilze zeigen halte ich für Spekulation. Vor allem weil bei Psilocybe cyanescens bis dato nicht abschließend geklärt ist ob es sich ursprünglich um eine circumboreale Art handelt. Es gibt zwar Genetische Untersuchungen die Unterschiede zeigen aber die nicht zwingend Beweis für eine europäische Eigenständigkeit sind. Genetisch stehen sie den an der amerikanischen Westküste vorkommenden Arten näher als zum Beispiel den europäischen Serbica. Das zeigt auch ihr Alkaloidprofil.

Amanita muscaria hatte eine weite Verbreitung auf der Nordhalbkugel und neben der Verwendung durch sibirische Shamanen gab es selbst in Mitteleuropa einen kontinuierlichen Gebrauch in der Küche. Überliefert ist dies unter anderem aus Österreich wo die Hüte für nicht psychotrope Kuchenglasuren genommen wurden. Bei dieser Gelegenheit gab es mit Sicherheit „Unfälle“ die den betreffenden in andere Sphären entführte.

Zu dem Glückspilz steht in Wörterbuch der Mycologie: Pilz, Symbol für Langlebigkeit, weshalb zu Neujahr kleine Glückspilze verschenkt werden.
Mein Gedanke dazu ist, vermutlich wurde und wird dafür der Fliegenpilz genommen weil es durch seine rote Kappe und weißen Tupfen ein markantes Aussehen hat. Die große Frage ist ob seine Verwendung eine letzte Ahnung seiner Psychoaktivität ist die mit Glück assoziiert wird.


Bleibt also nur noch der SKKK von dem sich anscheinend keine wirklichen Spuren finden lassen.


Bevor ich endgültig zu meinen eigenen Recherchen zu einem alten Gebrauch der SKKK komme möchte ich ergänzend zu John Allegros Werk noch einen Link zu Andy Letchers Blogspot über den Gebrauch von psychoaktiven Pilzen vor unserer Zeit posten. Seine Gedanken zum Thema könnten vielleicht einige Glieder der Indizien Kette hinzu fügen.
http://andy-letcher.blogspot.com/2013/0 ... tural.html
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אל תשאלו
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Re: Frage zur Kulturgeschichte des SKKK

Beitrag von אל תשאלו »

Seit syzygy die Frage zu Belegen einer geschichtlichen Nutzung des SKKK in einem anderen Thread https://www.entheobotanik.net/viewtopic ... 115#p30115
aufbrachte hat mich die Frage elektrisiert und natürlich war ich in der Zwischenzeit nicht untätig was Recherche dazu angeht.
chronic hat geschrieben: Sergius Golowin hat in seinen Werken den Gebrauch beim fahrenden Volk und den Hirten im Alpenraum, genauer in den Schweizer Alpen, erwähnt. Leider habe ich grade keine Quellen die ich anführen kann.
Mit eine der ersten Fragen die ich mir gestellt habe war, hat A. Hoffmann seine Information zum alpenländischen Gebrauch der spitzkegeligen Kahlköpfe und letztlich seine ersten Exemplare die er erfolgreich auf Psilocybin untersuchte, von ihm, Golowin bekommen? Eine wie ich finde nicht ganz unwichtige Information die uns in der mittlerweile zig zitierten Aussage fehlt. Leider sind Golowins Werke mittlerweile etwas schwer zu bekommen so das diese Frage vorerst ungeklärt bleibt. Eins seiner Werke, Zigeuner - Magie Im Alpenland, habe ich gebraucht erstanden und erhoffe mir darin wenigstens einen erhellenden Satz zum SKKK zu finden. Leider ist das Buch noch nicht bei mir, so dass ich noch etwas warten muss ob sich darin was brauchbares findet.

Geht man weiter zurück in der Geschichte scheint die Existenz semilanceatas erst im jung herauf ziehenden 19. Jahrhundert mit besagter Familie zu beginnen die unfreiwillig vom Familienoberhaupt auf einen Trip geschickt wurde. Das ist auch die Zeit in der man sich näher mit der Systematik der umgebenden Flora und Fauna in der Zeit nach Linné beschäftigte und Ärzte ihre Tätigkeiten schriftlich fest hielten.

Um es mir einfacher zu machen und weil es schon gut zusammen gefasst wurde zitiere ich neben eigenen Worten im Folgenden einfach mal auf Deutsch, übersetzt aus dem englischen:
Die Europäer haben vielleicht schon vor 6000 Jahren magische Pilze benutzt, um religiöse Rituale zu beleben. So suggeriert es ein Höhlenwandbild in Spanien, das potentiell Pilze mit halluzinogenen Eigenschaften darstellt - der älteste Beweis für ihre Verwendung in Europa.
Höhlenkunst mit Pilzen.png
Das Wandbild von Selva Pascuala, in einer Höhle in der Nähe der Stadt Villar del Humo, wird von einem Stier dominiert. Aber es ist eine Reihe von 13 kleinen pilzartigen Objekten, die Brian Akers am Pasco-Hernando Community College in New Port Richey, Florida, und Gaston Guzman am Ecological Institute of Xalapa in Mexiko interessieren. Sie glauben, dass die Objekte sind die Pilze Psilocybe hispanica, eine lokale Art mit halluzinogenen Eigenschaften.
Wie die im Wandbild dargestellten Objekte hat P. hispanica eine glockenförmige Kappe, die mit einer Kuppel bedeckt ist, und es fehlt ein Ring - ein Ring um den Stiel. "Seine Stängel variieren ebenfalls von gerade bis gewunden, wie im Wandbild", sagt Akers (Economic Botany, DOI: 10.1007/s12231-011-9152-5).

Dies ist jedoch nicht das älteste prähistorische Gemälde, das magische Pilze darstellen soll. Ein algerisches Wandbild, das vermutlich die Art Psilocybe mairei zeigt, ist 7000 bis 9000 Jahre alt. 1)
Die ältesten Beispiele für die wahrscheinliche Verwendung von Pilzen, wenn auch nicht vollständig, finden sich in einem Wandbild in Tassili, in der Sahara, im südöstlichen Algerien. In diesem Wandgemälde, das zwischen 7000 und 9000 v. Chr. entstanden ist, sind sowohl Pilze als auch anthropomorphe Figuren mit Pilzen vertreten. Was die Art von Pilz betrifft, haben einige Autoren spekuliert, dass es Psilocybe mairei ist , eine bekannte Art aus Algerien und Marokko. Andere bezweifeln jedoch die Echtheit dieser Gemälde. 2)
Auf Bilder habe ich verzichtet weil die Art der Darstellungen den meisten wohl bekannt sein sollte. Neben den mesoamerikanischen Pilzsteinen und anderen gestalterischen Formen in der neuen Welt sind dies die bekanntesten Motive wirklich alter pilzlicher Kunst.

Laut Giorgio Samorini sind "Spitzkegelige Kahlköpfe" die häufigsten psychedelischen Pilze in Italien. Man nimmt an, dass sie dort seit 10000 bis 12000 Jahren heimisch sind. In Norditalien (Monte Bego, Valcamonica) gibt es verschiedene spätneolithische Felsbilder, die Darstellungen von Pilzen in schamanischen Zusammenhängen zeigen. Der Spitzkegelige Kahlkopf wurde wahrscheinlich im ausgehenden Mittelalter in Spanien von Frauen, die als Hexen angeklagt wurden, als visionäres Rauschmittel genutzt. Leider fanden sich keine Internet Seiten die Pilze, gar SKKK, als vorherschendes Motiv hatten. Sollte jemand ein Bild davon finden würde ich mich freuen wenn es an mich weiter geleitet wird.
Persephone und Demeter.png
Pilzstein von Delphi Christian Rätsch aus der Enzyklopädie.png
Rätsch schreibt in seiner Enzyklopädie dazu:
Der alte "Pilzstein" von Delphi sieht wie eine naturalistische Darstellung einer Psilocybe semilanceata Kappe aus. Klassische Archäologen haben ihn jedoch als ein Modell des Omphalos , des "Nabels der Welt", interpretiert. Es macht Sinn, dass der Nabel der Welt in der Kappe eines psychedelischen Pilzes gesucht werden sollte.


Die nächste Abbildung stammt aus der Abtei von Montecassino um 1072 und zeigt einen vermeintlich großen Pilz, ähnlich einem SKKK, der von einer einzigen Schlange, dem Stab des Asklepios, Heilung und einer Alraunpflanze umgeben ist, die wiederum den Garten Eden darstellt.
Abbildung aus der Abtei von Montecassino.png
Bekanntestes Beispiel aus dem deutschen Sprachraum ist die gegossene Eingangstür des Hildesheimer Dom aus der gleichen Zeit im 11ten Jahrhundert
fullsize_Hildesheim_Dom3_11.jpg
Rätsch schreibt. Diese halbplastische Darstellung vom Sündenfall am Baum der Erkenntnis auf einer Kirchentür von Hildesheim (Bernwardstür, um 1015) hat viele Ethnomykologen heftig erregt. Sie sehen in der Darstellung des Baums der Erkenntnis ein Abbild der Zauberpilze. Kunsthistoriker verneinen diese Interpretation, weil es sich um typisch mittelalterliche Baumdarstellungen handelt.
Christian Rätsch, Pilze und Menschen, AT Verlag, Seite 137

Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass diese stilisierte Mittelalterliche Darstellung eines Baums durchaus ihren Ursprung in Pilzen haben könnte. Grade im sakralen Bereich liegt es nahe das ältere, noch nicht so lange zurück liegende, heidnische Motive in die darstellende Kunst eingeflossen sind.

Obwohl in Europa Dutzende von Arten von psychedelischen Pilzen gefunden werden, gibt es in der Geschichte der Alten Welt wenig dokumentierte Verwendung dieser Arten. Die wenigen vorhandenen historischen Berichte über Psilocybin-Pilze sind in der Regel nicht ausreichend, um Arten zu identifizieren, und beziehen sich in der Regel auf die Art ihrer Auswirkungen. So beschrieb der flämische Botaniker Carolus Clusius (1526-1609) die Bolond Gomba (verrückter Pilz), die im ländlichen Ungarn zur Herstellung von Liebestränken verwendet wurde. Der englische Botaniker John Parkinson hat in seinem 1640er Herbal Theatricum Botanicum Details über einen "dummen Pilz" aufgenommen. Der erste zuverlässig dokumentierte Bericht über die Vergiftung mit Psilocybe semilanceata-Europas häufigstem und am weitesten verbreitetem psychedelischen Pilz - eine britische Familie, die 1799 eine Mahlzeit mit Pilzen zubereitete, die sie im Londoner Green Park" gepflückt hatten. 2)

Die Art wurde zuerst von Elias Magnus Fries als Agaricus semilanceatus in seiner Epicrisis Systematis Mycologici 1838 beschrieben. [3] Paul Kummer übertrug es 1871 an Psilocybe, als er viele von Fries 'Untergruppen von Agaricus auf das Niveau der Gattung erhob
Der erste zuverlässig dokumentierte Bericht über die Vergiftung von Psilocybe semilanceata betraf 1799 eine britische Familie, die eine Mahlzeit mit Pilzen zubereitete, die sie im Londoner Green Park gepflückt hatten. Laut dem Chemiker Augustus Everard Brande erlitten der Vater und seine vier Kinder typische Symptome, die mit der Einnahme verbunden sind, einschließlich Pupillenerweiterung , spontanem Lachen und Delirium. (Anmerkung von mir: Hierunter ist wohl nicht ein klassisches medizinisches Delirium sondern vielmehr die alte Bezeichnung für Irre sein zu verstehen) Die Identifizierung der verantwortlichen Spezies wurde durch James Sowerbys Buch Coloured Figures of English Fungi or Mushrooms aus dem Jahr 1803 ermöglicht, das eine Beschreibung des Pilzes enthielt, damals bekannt als Agaricus glutinosus (ursprünglich von Moses Ashley Curtis beschrieben) 1780). Laut dem deutschen Mykologen Jochen Gartz ist die Beschreibung der Art "mit dem derzeitigen Wissen über Psilocybe semilanceata völlig kompatibel". 3)

In Magic Mushrooms Around the World: A Scientific Journey Across Cultures and Time - The Case for Challenging Research and Value Systems von Jochen Gartz findet sich auf Seite 16.
Um 1900 meldete M. C. Cooke zwei oder drei neue Fälle von zufälliger Pilzvergiftung von Kindern in England. Interessanterweise stellte Cooke fest, dass die Symptome nur durch eine Vielzahl von Pilzen verursacht wurden.
M. C. Cooke war der erste Mykologe, der sich fragte ob diese bläuenden Pilze giftig waren, oder ob die bläuliche Farbe durch äußere Einflüsse hervorgerufen wurde, was zu Veränderungen der chemischen Zusammensetzung führte die sie giftig zu machten.

Für mich ist jedoch die folgende Notiz am interessantesten die ich in einem Forum fand:
O.k. das Wissen über den erzählten Gebrauch der Pilze reicht letzten Endes auch nicht viel weiter in die Vergangenheit als ins 19. Jahrhundert doch kann man auf Grund der ländlichen Gegend davon ausgehen das der Gebrauch deutlich älter ist. Vielleicht sogar bis in prähistorische Zeit.
Bullshit - nichts für ungut, aber meine Großmutter war eine Landfrau, Bauernfrau, lebte ihr ganzes Leben im Südwesten Englands und wusste alles über traditionelle Kräuter, Pflanzen und Medikamente, sie erzählte mir, dass Zauberpilze schon sehr lange da waren und konnte sich daran erinnern, dass sie als junges Mädchen benutzt wurde (um 1910) und sich auch daran erinnern konnte, dass ihre Großmutter ihr von ihnen erzählte, so dass sie direkt in unserer Familiengeschichte bis etwa Mitte des 19. Jahrhunderts davon Kenntnis hatte.

In Devon, woher ich ursprünglich mit seinen alten Geschichten von Pixies und Elfen komme, enthalten alle Refeenzen zum Tanzen in Pilzfeldern, von den Sprites und Goblins, die die Cornish Caves, Moore und Zinnminen bewohnten, die alle bis in die Vorgeschichte zurückreichen.

Irland ist auch mit historischen Bezügen zur anderen Welt übersät, die von Kobolden, Elfen, Wichteln und den Geistern unserer toten Vorfahren bewohnt wird.

Die keltische Kunst ist reich an Motiven und Mustern, die unter dem Einfluss von Psilocybin vermutet werden. Auch die Verwendung vieler anderer Entheogene wie Bilsenkraut, Wermut, Beladona ist breit und umfangreich, was auch auf Daten lange vor dem Mittelalter schließen lässt.

Sieh dir die Hexengebräu-Szene von Macbeth an und sag mir, dass das nicht den Gebrauch von psychedelischen Pflanzen nahe legt.


http://www.bluelight.org/vb/threads/658 ... tish-Isles


Zum Schluss noch ein paar Bilder eines Wandgemälde aus einer Kirche im nördlichen Teil von Dänemark. (Udbyneder Kirke) Die Wandmalereien entstanden zwischen 1500 und 1523:


Erstes Bild zeigt Sankt Georg den Drachentöter. Der interessante Teil ist in der unteren linken Ecke.
Auf der rechten Seite ist eine kleine Linde, die ein Symbol der Liebe ist. Die spitzen Dinge auf der linken Seite scheinen P. Semilanceata ziemlich ähnlich zu sein:
Kirche Dänemark.png
Kirche Dänemark 2.png
1) https://www.newscientist.com/article/mg ... in-europe/
2) https://www.psycheplants.org/index.php/home/psilocybes/
3) https://www.faust.com/european-use-of-p ... ocumented/
4) https://en.wikipedia.org/wiki/Psilocybe_semilanceata
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Waaagh
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Re: Frage zur Kulturgeschichte des SKKK

Beitrag von Waaagh »

@ Chronic :Hände Klatschen:

Die gängige Literatur dazu habe ich fast durch , sehr zu empfehlen ist "New Data from the Ethnomycology of
Psychoactive Mushrooms Giorgio Samorini
Museo Civico di Rovereto, Largo S. Caterina 43, 38068 Rovereto (TN), Italy"

Link:
http://www.samorini.it/doc1/sam/samorin ... cology.pdf


Die dort gezeigten Beispiele müssen ja nicht nochmal gezeigt werden jetzt, es lohnt sich aber ein Blick hinein zu werfen.
Auch einige hier gezeigte Bilder werden diskutiert.

Aber ich denke für den SKKK im Alpenraum fehlt uns noch eine Quelle, vielleicht sollte man ansässige Bibliotheken durchforsten ?
Kirchen besuchen und nach Wandgemälden ausschau halten?
Fühlt sich aber eher an wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Schwammige Aussagen bringen hier ja auch nicht weiter, man bräuchte eine botanische Beschreibung oder wenigstens die Auswirkungen.


Vielleicht bringt uns ja die Genetik ein Stück näher an die Geschichte ?
Mit zunehmenden sequenzierten Genomen kann ich eine Phylogeny der typischen Kulturfolger erstellen, und mit zunehmenden Daten diese ebenso zeitlich einordnen.
Wir machen den Anfang und publizieren sämtliche Genome, Jason Slot aus Amerika hat auch schon einige Interessante Psilocybinproduzenten sequenziert.


Ich könnte mal Dr Dörfelt besuchen https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_D%C3%B6rfelt
Würde mir kein besserer einfallen, der ist ja auch schon uralt und ist Spezi in der Geschichte der Mykology
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Zebra
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Re: Frage zur Kulturgeschichte des SKKK

Beitrag von Zebra »

Wow, sehr umfangreich und auch interessant, danke für die gelungene Zusammenfassung, chronic.
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Glückspilz
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Re: Frage zur Kulturgeschichte des SKKK

Beitrag von Glückspilz »

@chronic
Wow, das ist eine Fülle, die mich erst Mal sprachlos werden lässt. Aber wenn ich diese Fülle mal sacken lasse, dann kommt unterm Strich raus, dass die SKKKs zwar hier und da hier im kleineren Rahmen wohl genutzt wurden, es aber nie zu einer kulturprägenden, herausragenden Bedeutung geschafft haben. Und diese Erkenntnis will mir schlichtweg nicht in den Kopf. Wenn man selber mal erlebt hat, wie wirkungsvoll diese kleinen Wichtel sind, was für Türen sie öffnen können, dann kann ich einfach nicht glauben, dass sie eine so untergeordnete Rolle in der Vergangenheit gespielt haben.

Warum ist dann der Fliegenpilz so berühmt geworden? Bloß weil er größer und auffälliger ist? Die SKKKs sind ja tatsächlich sehr unscheinbar und zumindest auf der Wiese leicht zu übersehen. Aber die Wirkung der SKKKs halte ich für so durchschlagend, dass sie durchaus kulturprägend sein müsste. Es gibt ja andere Kulturtechniken, wie z.B. die Vergärung von Früchten zur Alkoholgewinnung, inklusive Destillation, die durchaus eine breite kulturprägende Relevanz im Laufe der Geschichte erlangt haben. Und was zumindest für den Laien schwieriger ist, als auf der Wiese einen SKKK zu finden und zu mampfen.

Wenn Maria Sabina nicht für Gordon Wasson die Tür geöffnet hätte, wüssten wir bis heute nicht, was für einen Heiler-Kult es in Mittelamerika mit diesen Pilzen gibt, bzw. gegeben hat. Und aus offiziellen archäologischen oder anderen historischen Quellen hätten wir wahrscheinlich nie davon erfahren. Diese Kulte entziehen sich offensichtlich der offiziellen kulturellen Dokumentation. Ob das bei uns genauso war?
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אל תשאלו
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Re: Frage zur Kulturgeschichte des SKKK

Beitrag von אל תשאלו »

Waaagh hat geschrieben: Die gängige Literatur dazu habe ich fast durch , sehr zu empfehlen ist "New Data from the Ethnomycology of
Psychoactive Mushrooms Giorgio Samorini
Museo Civico di Rovereto, Largo S. Caterina 43, 38068 Rovereto (TN), Italy"
Link:
http://www.samorini.it/doc1/sam/samorin ... cology.pdf
Die dort gezeigten Beispiele müssen ja nicht nochmal gezeigt werden jetzt, es lohnt sich aber ein Blick hinein zu werfen.
Auch einige hier gezeigte Bilder werden diskutiert.
Aber ich denke für den SKKK im Alpenraum fehlt uns noch eine Quelle, vielleicht sollte man ansässige Bibliotheken durchforsten ?
Kirchen besuchen und nach Wandgemälden ausschau halten?
Fühlt sich aber eher an wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Schwammige Aussagen bringen hier ja auch nicht weiter, man bräuchte eine botanische Beschreibung oder wenigstens die Auswirkungen.

Vielleicht bringt uns ja die Genetik ein Stück näher an die Geschichte ?
Mit zunehmenden sequenzierten Genomen kann ich eine Phylogeny der typischen Kulturfolger erstellen, und mit zunehmenden Daten diese ebenso zeitlich einordnen.
Wir machen den Anfang und publizieren sämtliche Genome, Jason Slot aus Amerika hat auch schon einige Interessante Psilocybinproduzenten sequenziert.

Ich könnte mal Dr Dörfelt besuchen https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_D%C3%B6rfelt
Würde mir kein besserer einfallen, der ist ja auch schon uralt und ist Spezi in der Geschichte der Mykology
Waaagh Danke dafür, dass du Samorinis Buch als PDF zur Verfügung gestellt hast. Ich habe danach gesucht es nur leider nicht gefunden. Da war ich schon länger hinter her. Und ja, es lohnt sich wirklich einen Blick da hinein zu werfen.

Ansässige Bibliotheken im Alpenraum sind im allgemeinen vielleicht nicht die richtige Anlaufstelle um näheres zu den Wichtel zu erfahren. Den alten waren sie vermutlich zu banal und erste umfangreichere bebilderte Werke zu Pflanzen finden sich erst ab der Renaissance in denen mehr die Höfischen Gärten des italienischen Adel porträtiert wurden. Blieben höchstens noch Kräuter Bücher die früher gleichzeitig medizinische Literatur waren und sich bestimmt nicht mit den im Mist stehenden Pilzen ohne erkennbaren Wert beschäftigten. Die Kultur unseres liebsten Speisepilz, des Agaricus, des Egerling oder noch bekannter als Champignon begann 1650 in Frankreich und brachte früher unerwünschte Mitesser seiner Beete hervor die heute unter dem Namen Paneolus cinctulus bekannt sind. Man weiß, dass sie dort wuchsen aber ihr psychoaktiver Wert wurde nicht erkannt. Jedenfalls datieren frühste Aufzeichnungen aus dem 19. Jahrhundert das diese neben anderen unerwünschten Pilzen in den Kulturen wuchsen.

Wandgemälde vor allem in ländlichen Kirchen erscheinen mir da schon lohnender. Interessant könnten noch weiter führende Kulturhistorische Untersuchungen zur mittelalterlichen Ornamentik in Kirchen bzw. zur kirchlichen Kunst sein die sich aus der bäuerlichen wie auch vorher gehenden heidnischen Kunst ergaben.

Genetische Untersuchungen erscheinen mir ebenfalls verlockend dürften leider an dem fehlen geeigneten alten Materials oder der Fülle an dafür ggf. notwendigen Vergleichsexemplare scheitern? Aber vielleicht kommt bei eurer Arbeit als Nebeneffekt etwas zur Kulturgeschichte der SKKK raus. Wäre jedenfalls Klasse.

Beim Schreiben dieser Zeilen kommt mir grade in den Sinn, dass die momentane deutschsprachige Forschung zu Psilocyben und anverwandten vermutlich hauptsächlich in Ostdeutschland stattfindet? Damit meine ich im wesentlichen J. Gartz und eure Forschung in Jena. Gibt es weitere Einrichtungen oder Personen die sich mit psychoaktiven Pilzen in irgend einer Form in A, CH, D beschäftigen?

Dr Dörfelt kannte ich noch nicht. Klingt interessant womit er sich beschäftigte. Da werde ich mal zu recherchieren ob ich was von ihm finde. Auch dafür ein dickes Danke.


Glückspilz hat geschrieben:
Wow, das ist eine Fülle, die mich erst Mal sprachlos werden lässt. Aber wenn ich diese Fülle mal sacken lasse, dann kommt unterm Strich raus, dass die SKKKs zwar hier und da hier im kleineren Rahmen wohl genutzt wurden, es aber nie zu einer kulturprägenden, herausragenden Bedeutung geschafft haben. Und diese Erkenntnis will mir schlichtweg nicht in den Kopf. Wenn man selber mal erlebt hat, wie wirkungsvoll diese kleinen Wichtel sind, was für Türen sie öffnen können, dann kann ich einfach nicht glauben, dass sie eine so untergeordnete Rolle in der Vergangenheit gespielt haben.

Warum ist dann der Fliegenpilz so berühmt geworden? Bloß weil er größer und auffälliger ist? Die SKKKs sind ja tatsächlich sehr unscheinbar und zumindest auf der Wiese leicht zu übersehen. Aber die Wirkung der SKKKs halte ich für so durchschlagend, dass sie durchaus kulturprägend sein müsste. Es gibt ja andere Kulturtechniken, wie z.B. die Vergärung von Früchten zur Alkoholgewinnung, inklusive Destillation, die durchaus eine breite kulturprägende Relevanz im Laufe der Geschichte erlangt haben. Und was zumindest für den Laien schwieriger ist, als auf der Wiese einen SKKK zu finden und zu mampfen.

Wenn Maria Sabina nicht für Gordon Wasson die Tür geöffnet hätte, wüssten wir bis heute nicht, was für einen Heiler-Kult es in Mittelamerika mit diesen Pilzen gibt, bzw. gegeben hat. Und aus offiziellen archäologischen oder anderen historischen Quellen hätten wir wahrscheinlich nie davon erfahren. Diese Kulte entziehen sich offensichtlich der offiziellen kulturellen Dokumentation. Ob das bei uns genauso war?
Na ja Alkohol vergärt zur Not auch ohne großes zu tun. Aber es stimmt schon das im Vergleich zur Aklkoholherstellung die Suche nach Pilzen einfacher sein kann. Für unsere vorderen war die Alkoholherstellung fast das ganze Jahr möglich während die Pilzsuche auf eine bestimmte Zeit im Jahr begrenzt war. Da ist das was das Berauchsen angeht der Alkohol klar im Vorteil. Neuste Untersuchungen gehen davon aus das der Anbau von Getreide ursprünglich weniger der Ernährung als der Alkohol Herstellung diente um jahreszeitlich unabhängiger von Früchten und Honig zu sein. Dazu gibt es ergänzend ein ganz interessantes Buch das leider etwas trocken geschrieben ist. "Warum die Menschen sesshaft wurden "von Josef H. Reichhoff.

Die Faktenlage im mesoamerikanischen Raum ist eine eklatant andere weil es wirklich viele archäologische Hinweise und Artefakte gibt. Das Pilzkulte in der Vergangenheit von der westlichen Wissenschaft bis zu den Veröffentlichungen von Pablo Reko und den Wassons geleugnet wurden zeigt mal wieder die kulturelle Boniertheit der westlichen Welt die wir in vielen Forschungsgebieten der Vergangenheit finden. Ich denke hätte es die damalige Publikation von Wasson und das Interesse von Hoffmann an LSD ähnlichen Stoffen nicht gegeben wären diese Entdeckungen sicher einige Jahrzehnte später gemacht worden. Das wir daran vorbei geschrammt wären glaube ich nicht. Ich glaube auch nicht, dass der Fliegenpilz nur berühmt wurde weil er größer und auffälliger ist. Er hatte für den Sprung in die Neuzeit einfach die besseren Karten. Gut, alleine schon seine Größe wie sein Aussehen lässt ihn leichter ins Auge springen als kleine Pilzchen die auf einer Weide zwischen Scheiße stehen. Wichtiger scheint mir, dass die Kunde das er in den Weiten Sibiriens shamanistisch genutzt wurde schon kurz nach Ende des Mittelalter in Europa an kam was ihm, neben der Verwendung in manchen ländlichen Küchen und der Volksmedizin eine ganz andere Basis verschaffte. Wie es mit ihm als Pilz in den Märchen aussieht wäre nochmal ein anderes Thema das sich zu untersuchen lohnt. Mal sehen ob ich mal meine Literatur dazu durchforste.

Was die Wirkung der spitzkegeligen Kahlköpfe betrifft können wir davon ausgehen das sie zumindest in vielen Gegenden bis in die Neuzeit bekannt war. Das diese bis vor einigen Jahrzehnten kein Thema war kommt zum einen sicher daher das Geschichte nur von den regierenden und den Gelehrten geschrieben wurde. Ein Gebrauch des gemeinen Volk war wohl zu uninteressant als das man es erwähnen hätte. Sicher hat später das Christentum populäre heidnische Handlungen übernommen und sie nach seinen Vorstellunge angepasst. Später in der Zeit der Inquisition wurden die letzten Spuren dessen was man als heidnisch verstand nochmals verfolgt um sie endgültig auszurotten. Auch wird seit der ausgehenden Antike wie im gesamten Mittelalter das damalige Weltbild mit seiner negativen Sicht der Verdammnis und ständig präsentem Tod in einem wenig einladenden Klima mehr delirante Substanzen bevorzug haben. Tropan Alkaloide oder Alkohol passen hervorragend zu christlicher Verklärung und Verdammnis wie zu den Pest- und Seuchenzügen dieser Zeit. Einsichten wie wir sie heute durch diese Substanzen bekommen waren zur damaligen Zeit vermutlich unpassend und haben für die meisten ungebildeten wohl wenig gebracht. Ich finde, wesentliche Faktoren um psychedelische Substanzen zu verstehen und in sein Leben zu integrieren sind der Raum in dem sie genommen werden und das kulturelle wie soziologische Umfeld. In einer Gesellschaft, die Tag täglich um ihr Überleben kämpfen muss ohne geistig spirituellen Hintergrund außer der christlichen Indoktrination fehlt einfach die Grundlage sich persönlich weiter zu entwickeln. Das was vielleicht mal nach der Zeit europäischer Jäger und Sammler, spätestens nach den ersten Ackerbauern, von diesem Wissen noch übrig war kann leicht durch die ganzen Umwälzungen die Europa hatte unter gehen. Nehmen wir nur mal die Völkerwanderung und das Christentum als einzelne Ereignisse die heraus ragend aber nicht die einzigen waren die den Kontinent und seine Gesellschaften umkrempelten. Wildbeuter Völker auf der ganzen Welt nahmen oder nehmen psychoaktive Pilze. Eins der letzten Gebiete von denen man Kenntnis hat ist Neuguinea mit seinen Gebrauch Psilocybin haltiger Pilze. In Europa waren es die Sami, die als letzte Heiden (bis ins 18. Jahrhundert) mit einer Kultur und einer im weiteren Sinn, einer dem samojedischen nahestehende Sprache, in einem ähnlichen Lebensraum lebten. Ihre Shamanen kannten bestimmt die Wirkung von Amanita muscaria. Für den Nordamerikanisch borrealen Raum ist seine Wirkung jedenfalls u.a. bei den Cree und Ojibwa dokumentiert. In der "Enzyklopädie Medizingeschichte" erschienen bei DeGruyter steht: Man vermutet, dass der Fliegenpilz-Gebrauch mehr als vier Tausend Jahre ist und in ganz Europa, bes. in Sibirien, aber auch in Asien und Amerika verbreitet war. Ich selber Denke das sein Gebrauch wesentlich älter als diese kurze Zeitspanne ist was letzten endes auch egal ist. Hier der Link zu einer interessanten Seite über den Fliegenpilz.
Also das ist ein ganz anderer Background als bei P. semilanceata und anderen ursprünglich in Mitteleuropa vorkommenden Psilocybin enthaltenen Arten.

Ein weiterer Punkt warum Wissen nicht weiter getragen wird. Wissen kann erodieren. Es kann sogar sehr schnell verschwinden wie man an einigen Kulturtechniken der letzten Jahre sieht die in außerwissenschaftlichen Mykologenkreisen heute fast nicht mehr angewendet werden weil z.B. Foren verschwanden in denen sie propagiert wurden. Ein weiteres Beispiel ist die Sprache in der etwas geschrieben steht. So sind die Kulturtechniken von Roger Heim zur Oberflächenkultur nie in der Populärliteratur der Englischsprachigen Welt angekommen. Wenn man sieht woher wir im deutschen Sprachraum unsere Kenntnis zur Pilzzucht haben dann merkt man schnell, dass sie fast ausschließlich aus dem Englischen stammen. Dabei sind Frankreich und die deutschsprachigen Länder direkte Nachbarn. Was das für Kulturpraktiken bedeutet die nach einigen wenigen Jahrhunderten, ja sogar schon nach Jahrzehnten nicht mehr weiter gegeben werden kann sich jeder ausmalen.

Leider gibt es nicht wenigstens den einen unschlagbaren Beweis das Psilocybinhaltige Pilze in Europa von unseren Altvorderen genommen wurde. Aber wir haben bis jetzt einige Indizien, dass es trotzdem so war. Es ist schwer zu glauben, dass unsere weiteren Vorfahren keine Kenntnis von ihnen hatten. Je Natur verbundener eine Gesellschaft lebt desto größer ist für gewöhnlich ihr Wissen um die sie umgebene Flora und Fauna und damit den in ihrer Umwelt lebenden Organismen. Wie es das Beispiel des Familien Vater aus London von 1799 zeigt beugt sich der Mensch dem Hunger und verlässt die ihm vertrauten Pfade seiner normalen Ernährung wenn es sein muss. Dabei wird es Unfälle gegeben haben aber auch psychedelische Intoxikationen. Ich denke, unsere entfernteren Vorfahren wussten mit was sie es zu tun hatten. Blieben dann noch ein gewisse spirituelles Erinnerungen in einer Bevölkerung standen die Chancen gut das ein zumindest bescheidener Gebrauch bis in unsere Zeit überdauerte. Das könnten vielleicht die dürftigen Informationen aus Cornwall und den Schweizer Alpen gewesen sein. Und wer weiß vielleicht lebten ja die sakralen Darstellungen in Hildesheim und anderswo in diesen Erinnerungen noch einmal auf. Das Thema ist wirklich so spannend das man dran bleiben sollte.
Ge'ez ጫት
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