Kawa - verteufelt und aus dem Verkehr gezogen

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Cpt. Schwing
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Kawa - verteufelt und aus dem Verkehr gezogen

Beitrag von Cpt. Schwing »

So würde meine Kurzzusammenfassung zu dieser Pflanze aussehen...
...jedoch möchte ich euch doch einiges mehr zu dieser wunderbaren Pflanzen mit grossem Potential sagen :mrgreen:
Kava wurde mit dem verweis auf die leberschädigende Wirkung als Arzneimittel die Zulassung entzogen. Der Grund, weshalb ich jetzt wieder auf diese Pflanze hinweise, besteht darin, dass "Hoffnung" besteht, dass die Widerrufung der Zulassung gerichtlich als rechtswidrig eingestuft wird... unten dazu mehr.

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Botanisches
Kawa(-Kawa), Kava(-Kava), Awa, Rauschpfeffer ist ein Gewächs aus der familie der Piperaceae (Pfeffergewächse). Ein von den Menschen kultivierter strauch, welcher eine Wuchshöhe von 2 bis 6 Metern erreicht. Der ursprung der Pflanze ist unklar, wird sie doch schon sehr lange von den Menschen kultiviert. Angenommen wird, dass sie aus Neuguinea stammt. Mittlerweile wird sie im ganzen pazifischen Raum heimisch und wird dort kultiviert.
Kawa bildet nur selte weibliche Blüten aus, welche jedoch alle steril sind, auch bei Handbestäubung durch den Menschen. Die Vermehrung geschieht deshalb ungeschlechtlich.
Zur Namensgebung kann folgendes angemerkt werden: methysticum wird als Übersetzung von "Rauschgetränk" angesehen. Der Name Kawa (aus dem Tongaischen) bezieht sich auf den Geschmack des traditionellen Getränkes: bitter, sauer, scharf.

Traditionelle Verwendung

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Traditionell wurde und wird die Pflanze sehr breit genutzt: medizinisch, religiös, zeremoniell, gesellschaftlich-sozial. Immer wieder hört man, dass der verwendung im sozialen Rahmen, der Kawagebrauch mit dem westlichen Alkoholgebrauch gleich gesetzt wird. Naja. dies finde ich etwas verkürzt, wird der Pflanze auf vielen Inseln Ozeaniens ein stark rituelles und gemeinschaftförderndes Element zugeschrieben, welches nichts mit Ballermann am Hut hat :m037: Viel eher besitzt der gemeinsame rituelle Verwendungscharakter stark religiöse und sehr intime Komponenten.
Verwendet werden sowohl die getrockneten als auch die frischen Wurzelstöcke der Pflanze. dabei gibt es einige Zubereitungsformen und -arten: zerkauen (mit oder ohne Ausspucken und in Wasser ansetzen), und das Ansetzen in Wasser

Medizinische Verwendung
Die in Kava enthaltenen Stoffe werden unter der Gruppe Kavalactone/Kavapyrone zusammengefasst. Das Wirkungsspektrum ist bei allgemeinen Angstzuständen belegt. Deshalb können als Indikationsgebiete aufgezählt werden: Angst-, Unruhe- und Spannungszustände. Wirkung und -sweise: Den Kava-Zubereitungen werden psychoaktive, angstlösende, beruhigende, relaxierende, hypnotische, muskelentspannende, lokalanästhetische und krampflösende Effekte zugeschrieben. Das Wirkspektrum ist somit ähnlich wie jenes der Benzodiazepine. Die Wirkungen wurden in klinischen Studien untersucht. Chemisch sind jedoch die Wirkungsweisen noch nicht erforscht bzw. belegt.

Widerrufung der Zulassung als Arznei
Auf die Berufung der leberschädigenden Wirkung wurde im Jahre 2002 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein Stufenplanverfahren eingeleitet und 2002 ein Ruhen der Zulassung angeordnet. Dabei berief man sich auf die Auflistung von 24 Fällen, in denen eine leberschädigende Wirkung, in einem Fall mit tödlichem Ausgang berief.
Nachfolgende nachforschungen haben einige Unklarheiten und ein höchst unwissenschaftliches Vorgehen bei der Widerrufung der Zulassung zutage gefördert. So wurde durh die Uni Münster ein Gutachten erstellt, welches aufzeigt, dass (mehrfachnennung machen die anzahl Fälle von 36 aus) bloss in einem Fall ein Kausalzusammenhang mit Kava wahrscheinlich bei monographischer Dosierung möglich ist.
Ein Hoffnungsschimmer: Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) hat nun das Urteil der Vorinstanz (VG im Mai 2014) bestätigt: Das BfArM habe die Zulassungen zu Unrecht widerrufen. Bevor es ein Comeback des Kava-Kava-Extrakts geben kann, muss sich allerdings womöglich noch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit dem Fall beschäftigen.

Quellenangaben:
Metastudie zur Wirksamkeit: http://www.cochrane.org/CD003383/DEPRES ... ng-anxiety
Wiki-Eintrag: http://de.wikipedia.org/wiki/Kava
allgemein medizinische Angaben:http://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Kava%20 und http://heilpflanzen-info.ch/cms/blog/ar ... stande.htm
Gutachten der Uni Münster: https://www.uni-muenster.de/imperia/md/ ... stract.pdf
gute Zusammenfassung zu allem von oben: http://www.rosenfluh.ch/images/stories/ ... B-kava.pdf
Bericht zum Gerichtsentscheid 2015:http://heilpflanzen-info.ch/cms/blog/ar ... /kava-kava
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אל תשאלו
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Re: Kawa - verteufelt und aus dem Verkehr gezogen

Beitrag von אל תשאלו »

Cpt. :Hände Klatschen: Top Beitrag. :good: Danke das du dich dem Thema angenommen hast. :98:

Anmerken möchte ich noch das der Name Kawa überwiegend von den Neuseeländischen Maori für Macropiper excelsum subsp. excelsum, sowie den Unterarten subsp. psittacorum, peltatum und delangei verwand wird die statt Kavalactonen, Myristicin wie die Muskatnuss enthält. Der Name Kawa ging in Ermangelung der echten Kava, Piper methystikum, die aus klimatischen Gründen in Neuseeland nicht wuchs, auf dieses Pfeffergewächs über.
Piper methysticum die eigentliche Kava hat, wie man heute weiß, ihren Ursprung in der aus Neuguinea stammenden Piper wichmanni. Nur bei dieser „Urform“, genannt „Isa“, finden sich sowohl weibliche wie auch männliche Exemplare und die Art ist somit in der Lage sich über Samen zu vermehren. Alle heute bekannten Kultivare sind männlich und lassen sich folglich nur vegetativ vermehren. Die eigentliche Kultivierung von Kava erfolgte im Gebiet des heutigen Vanuatu. Hier finden sich die meisten Sorten die sich hauptsächlich im Aussehen der Pflanze und der speziellen Verteilung der Kavalactone und des Alkaloid Pipermethystin in Punkto Wirkung und Potenz unterscheiden.

Was die Leber schädigende Wirkung angeht sind auf der einen Seite die mangelhaften Studien an zu führen und auf der anderen die Art und Weise wie der Rohstoff für die Industrie gewonnen wird. Statt die traditionell genutzten Wurzelstücke zu verwenden wurden/ werden die minderwertigen kleinen Würzelchen und sogar Blätter genommen. Alles Pflanzenteile die in den Herkunftsländern niemand nehmen würde, da sie als Krank machend gelten. Vanuatu hat vor Jahren schon den Export minderwertiger Kava komplett verboten. Das heißt von den aufgeführten Pflanzenteilen und sogar von Kavapräparaten die aus nicht so angesehenen Strains hergestellt werden. Neben dem traditionllen Gebrauch gibt es in Vanuatu so genannte Kava Bars die in Konkurenz zu Kneipen nur Kava ausschenken. Daneben wird von der dortigen Wirtschaft alles mögliche aus der Pflanze hergestellt. Sogar ein Getränk namens Kava Cola (Lava Cola).

In Europa ist es trotz Verbot ein leichtes weiter an standarterisierte Medikamente mit Kavalactonen zu gelangen. Diverse Shops, vornehmlich aus BeNeLux und Großbritanien führen Präparate in unterschiedlicher Stärke und Darreichungsformen. Ob man sich für den persönlichen Gebrauch solch ein Präparat oder doch lieber das vielschichtigere Original geben möchte muß jeder für sich entscheiden. Nach wie vor werden Post Sendungen aus Übersee vom Zoll auf Grund einer nicht Zulassung einbehalten. Von Angeboten diverser Smartshops und Kräuterhändler sollte man die Finger lassen da nicht nachvollziehbar ist aus welcher Quelle sie stammen. Jedoch gibt es mittlerweile einige wenige Europäische Anbieter die von ihrem Produkt überzeugt sind und korrekte Ware in Pulverform, verschiedener Qualitäten und Herkunft verkaufen.
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Cpt. Schwing
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Re: Kawa - verteufelt und aus dem Verkehr gezogen

Beitrag von Cpt. Schwing »

Hey Chronic, danke dir vielmals für deine weiteren Infos und die Ergänzungen. Spannend!

Mich beschäftigt bei dieser Pflanze, ist sie doch auch nicht die einzig davon betroffene, die Widerrufung der Zulassung als Arznei. Ich fidne es erschreckend, wie mit solchen Studien etwas an den Haaren herbeigezogen wird :53: :smiley7.gif: Da kommt mir echt das :svomit_100-100.gif:
Sehr schön für die Beurteilung solcher Studien finde ich den folgenden Artikel zu dem Post-hoc-ergo-propter-hoc-Fehlschluss, eine wirklich häufige Quelle des Irrtums. Vorsätzlich oder nicht überlasse ich jedem/r selbst zu entscheiden (mit nem Lieben Gruss an die Pharma-Industrie :wave-finger: :
Post-hoc-ergo-propter-hoc-Fehlschluss

Dass von diesem Vorgehen auch andere Pflanzen betroffen sind, insebesondere wenn um die Lebertoxizität geht (welche für solche Fälle sowas von geeignet ist: die Leber wird von so vielen Stoffen beslastet, dass eine Kausalitätszuschreibung beinahe ein Ding der Unmöglichkeit ist... und trotzdem...). Bin froh, dass es da kritische Stimmen und Studien gibt:
Beitrag Studie Lebertoxizität bei Heilpflanzenextrakten

Deine Ausführungen spezifisch zu den Fallisten der angeführten Leberschädigungen, welche zur Widerrufung bei Kava geführt ahben, finde ich sehr wichtig. Auf der einen Seite zeigt es die profitorientierte Vorgehensweise der Pharmaindustrie und auch das Herangehen der westlichen Welt an die Verwendung von Pflanzen zum "Wohle" des Menschen (hab ich den Gruss an die Pharma eigentlich schon abgesandt? :wave-finger: ).
Auf der anderen Seite zeigt es die Käuflichkeit unserer Wissenschaft im Dienste des Profits.

(PS: Ja, Martin Koradi finde ich zur zeit eine spannende und vertrauenswürdige Person im Heilpflanzenbereich... kritischer Wissenschaftler genug um Wirkung der Pflanzen nicht einfach zu "vergöttern" und Kämpfer für eine Sache, welche der Natürlichkeit der Gesunderhaltung in den Vordergrund stellt. deshalb verweise ich gerne auf seine Beiträge!)
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Cpt. Schwing
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Re: Kawa - verteufelt und aus dem Verkehr gezogen

Beitrag von Cpt. Schwing »

Hab hier noch einen Auflistung aller gelisteten Fälle (welche zur Widerrufung der Zulassung geführt haben) mit der Beurteilung durch die Uni Münster gefunden. Liest sich wie ein Aufklärungsbuch...
Auflistung der angeführten Fallliste mit Beurteilung durch Uni Münster

Zudem bin ich auf zwei sich spannend anhörende Bücher gestossen... Inhalt noch unbekannt (geh gleich mal in der Bibliothek nachschauen, ob die dort ein Exemplar stehen haben):
Kava: From Ethnology to Pharmacology; herausgegeben von Yadhu N. Singh
Kava: The Pacific Elixir: The Definitive Guide to Its Ethnobotany, History, and Chemistry von Vincent Lebot,Mark Merlin,Lamont Lindstrom
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psilobob
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Re: Kawa - verteufelt und aus dem Verkehr gezogen

Beitrag von psilobob »

Ich hab mir schon aus den USA Kava geordert, es wurde vom Zoll kontrolliert, ich musste dafür Steuern nachzahlen, und es war gut 6 Wochen lang unterwegs.
Aber es ist unheimlich billig aus den USA! Und sogar in Form von Instant Getränkepulvern, standardisierter Extrakt, mit Aroma, tolle Sache!
Man sollte sich die Zeit nehmen ab und zu innezuhalten um an den Blumen zu riechen, rauchen, essen, schnupfen, brauen, extrahieren, observieren, analysieren oder sie anderweitig wertzuschätzen. :)
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kleinerkiffer84
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Re: Kawa - verteufelt und aus dem Verkehr gezogen

Beitrag von kleinerkiffer84 »

Kava-Kava, da werden Erinnerungen wach!
In der Schulzeit, als ich noch keinen ordentlichen Zugang zu Benzos und Betablockern hatte, war das mein Beruhigungsmittel Nr. 1.
Das war das einzige, was man rezeptfrei kaufen konnte, und wirklich wirkte.
CBD und Helmkraut kannte ich damals noch nicht und ansonsten gibt es absolut kein brauchbares Beruhigungsmittel rezeptfrei.
Kavasedon hiesen diese Kapseln, violett, in violetter 20 Stk. Packung.
Die habe ich lange Zeit genommen und die Wirkung war echt gut, durchaus benzodiazepinähnlich.
2002 wurde es dann vom Markt genommen. Zum Glück hatte ich zu der Zeit dann schon ein Rezept für Inderal, ansonsten hätte ich ein echtes Problem gehabt,
wenn das Medikament auf das man sich stützt, aus unsinnigen Gründen plötzlich nicht mehr verfügbar ist.

Wieder mal ein trauriges Beispiel mehr, wie Pflanzen die der Pharma-Mafia ein Dorn im Auge sind, einfach hinter unserem Rücken aus dem Verkehr gezogen werden. :mad:
Ausgesetzt in der Salviawelt, bei mir habe ich nur meine Bong und ein Feuerzeug. Entitäten werden mich begleiten. Ich zeige Ihnen, wie man hier überlebt!
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אל תשאלו
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Re: Kawa - verteufelt und aus dem Verkehr gezogen

Beitrag von אל תשאלו »

Noch zwei interessante PDF's zu Kava, die zwar mehr den Anbau betreffen, aber dennoch hier rein passen.

http://www.agroforestry.net/images/pdfs ... y_crop.pdf

http://www.hawaii.edu/hivandaids/Pacifi ... _guide.pdf
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Fr3ak
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Re: Kawa - verteufelt und aus dem Verkehr gezogen

Beitrag von Fr3ak »

Cool danke für den Beitrag zu dem Thema :smiley32: mach mir manchmal auch so en Trank daraus, welcher einfach sehr hässlich schmeckt. Danach fühlt sich di zunge immer an als hätte man Haare darauf. :smiley33.gif:
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אל תשאלו
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Re: Kawa - verteufelt und aus dem Verkehr gezogen

Beitrag von אל תשאלו »

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tier
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Re: Kawa - verteufelt und aus dem Verkehr gezogen

Beitrag von tier »

vor 3 Wochen hatte ich mir Kapseln bestellt. Erst dachte ich es sei ein britischer Versender, doch es war wohl ein amerikanischer.
Im Nachhinein bereue ich die Bestellungen. Ich hatte es wg. Schlafstörungen bestellt, doch anstatt Kava Kava will ich versuchen mit Vitaminen und Mineralien der Thematik auf den Grund zu gehen.
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