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Wurmkompostierung

Verfasst: 5. Jul 2015, 03:38
von Ergin
Im folgenden möchte ich euch die Wurmkompostierung ein Bisschen näher bringen.
Die Wurmkompostierung ist ein wunderbares System, durch das selbst Leute mit geringem Platz ihre organischen Abfälle zu nahrhaftem Humus umsetzen können.
Der erhaltene Wurmhumus ist ein nahezu perfekter Dünger mit höherem Nährstoffgehalt als Kompost, da die gewöhnliche Kompostierung das Volumen auf ca 35% reduziert, die Würmer das Volumen jedoch auf bis zu 15% verringern können.

Der Kompostwurm
Der Wurm, welcher in diesem Fall für uns die Arbeit verrichtet ist nicht, wie vielleicht auf den ersten Blick zu vermuten, der normale Regenwurm(Lumbricus terrestris) sondern die Kompostwürmer Eisenia foetida und Eisenia hortensis.
Ein wichtiger Unterschied ist bereits der Lebensraum, während der gewöhnliche Regenwurm alleine in tieferen Erdschichten lebt, sind die Kompostwürmer direkt an der Oberfläche in verrottendem organischen Material oder unter Blättern zu finden.
Auch sind sie weitaus effektivere Futterverwerter.

Die Kompostwürmer sind Hermaphroditen, ein einzelner Wurm besitzt also sowohl männliche, als auch weibliche Geschlechtsorgane.
Die Geschlechtsreife wird bei einem frischgeschlüpften Wurm nach ca 2 Monaten erreicht, diese erkennt man an dem Clitellum, welches als erhobener "Gürtel" auf dem Wurm sichtbar ist.
Bei der Paarung legen sich zwei Würmer in entgegengesetzte Richtung aneinander, sodass sich die Clitella berühren, oft verschlingen sie sich auch ineinander in einer Art Knoten, die Trennung findet erst nach einigen Stunden statt.
Der Samen des anderen Wurmes wird in einer Samentasche gelagert, wobei die eigentliche Befruchtung der Eizelle mit den fremden Samenzellen oft erst nach einigen Tagen stattfindet.
Es wird eine Schleimhülle gebildet, welche einen Teil des Wurmes bedeckt und auf der Haut langsam fest wird. Diese Hüllen streifen die Würmer mit den befruchteten Eizellen über ihren Kopf ab.
Sobald solch eine Hülle abgestreift ist ziehen sich ihre Enden zusammen und bilden einen stabilen Kokon, aus welchem nach ca 30 Tagen 2-4 Würmer schlüpfen.
Die Würmer vermehren sich nur, wenn noch genügend Futter und Platz für sie bereitsteht, ist die Box nicht bereits komplett besiedelt kann man als Faustregel sagen, dass sich die Population insgesamt ca alle 2-3 Monate verdoppelt.

Das Futter
Die Würmer nehmen bereitwillig nahezu alle organischen Abfälle als Nahrung an, selbst Tier oder Menschenhaar, besonders Kaffeesatz und Auberginenreste scheinen meine sehr zu mögen, sie fressen jedoch auch nahezu alle anderen organischen Haus- und Gartenabfälle, wichtig ist jedoch keine tierischen Produkte wie Fleisch, Käse, etc. zu füttern, auch starkriechende Sachen wie Knoblauch oder Zwiebeln sollte man nach Möglichkeit draußen lassen, ebenso sollten keine Getreideprodukte wie Brot, Nudeln oder Reis gefüttert werden.
Auch Zitrusfrüchte gilt es zu vermeiden.
Rasenschnitt und Grünabfälle sollten nur in geringen Mengen zugegeben werden, da eine sonst womöglich ausgelöste Heißrotte für die Würmer tödlich ist.
Bei der Zugabe von Tierkot muss darauf geachtet werden, dass das Tier vorher auf keinen Fall entwurmt oder mit Medikamenten behandelt wurde.
Wenn man etwas in die Wurmbox gibt, dass zuvor noch nie gegeben wurde und nicht bekannt ist, in wiefern es sich als Wurmfutter eignet, sollte man nur die Hälfte der Oberfläche der Wurmbox mit dem Futter bedecken, damit die Würmer sich zur Not in die andere Hälfte zurückziehen können.
Hat man einige Erfahrung mit der Fütterung gesammelt und weiß, dass der Wurm die betreffende Nahrung annimmt, kann man ruhig mehr Oberfläche bedecken, 1/10 der Oberfläche sollte allerdings immer mindestens frei bleiben.
Insgesamt sollte die Schicht maximal 10cm hoch sein, wobei das ganze Futter möglichst Luftig liegen sollte, da die gewünschte Zersetzung in der Wurmbox aerob, also mit Nutzung von Sauerstoff stattfindet.

Anfangs sollte man immer nur eine Hand voll Futter in die Box geben, allerdings regelmäßig(alle 1-2 Tage), um die Box langsam "einzufahren".
Dies bedeutet nichts anderes, als dass man den ganzen Bakterien und vor allem anderen Tieren(Enchyträen, Springschwänze, Milben,...) Zeit gibt sich ausreichend zu vermehren, da diese das Futter für den Regenwurm quasi "vorverdauen" müssen.
Man merkt schnell, dass die Futtermenge immer schneller zersetzt wird(Vorsicht, bei Salat nicht, der bleibt seltsamerweise in der Wurmbox länger frisch als im Kühlschrank habe ich das Gefühl :lol: ), dann muss die Futtermenge immer mehr gesteigert werden, da bekommt man eigentlich ziemlich schnell ein Händchen für.
Man sollte außerdem immer ab und an etwas eingeweichte, unbebleichte Pappe/Papier in die Box geben(nicht farbig bedruckt) um ein gutes Stickstoff:Kohlenstoff Verhältnis zu haben.
Auch sollte man z.B. nicht ausschließlich Kaffeesatz füttern, sondern auch andere Sachen dazu, die ausgewogene Mischung machts!

Die Wurmbox
Im Internet werden oft Wurmboxen aus Plastik angeboten, teilweise auch mehrstöckige, ich kann allerdings grade Anfängern nur von diesen Plastikboxen abraten.
Das Substrat kann im Inneren nicht wirklich atmen, schnell kann in solch einer Box eine anaeorbe Zersetzung stattfinden, welche stinkt und den Würmern und anderen Tieren in der Box schaden kann.
Womit ich durchweg gute Erfahrungen gemacht hab sind Boxen aus Holz, wichtig ist hierbei unbehandeltes Holz zu nehmen.
Ich hab einfach Rauspund genommen, auf passende Maße gesägt und mit langen Aluwinkeln verschraubt(die Box hat 45x45x40cm).
Insgesamt bin ich mit dem Material bei ca 30€ gelandet, was für zwei Boxen gereicht hat, welche den Plastikboxen nicht nur überlegen und auch größer sind, sondern nur ein Bruchteil von diesen kosten.
Der Vorteil der Holzboxen liegt daran, dass das Substrat atmen kann, hat man zuviel Feuchtigkeit reguliert sich dies von allein, bei zu trockenem Substrat sprüht man einfach etwas Wasser aufs Substrat.
Bei meiner Holzbox hatte ich wie gesagt noch nie ein Problem mit anaerober Zersetzung, sollte es jedoch doch einmal zu solch einer Zersetzung kommen(erkennbar am Geruch), ist es wichtig das Substrat durch Durchmischen zu belüften und ein paar Tage das Füttern einzustellen.

Der PH-Wert der Box sollte hin und wieder gemessen werden, besonders am Anfang ist es wichtig, um ein Händchen für die richtige Fütterung zu bekommen.
Liegen sollte der PH-Wert zwischen 5 und 7, als Orientierung Kaffeesatz ist eher leicht sauer, grüner Tee z.B. ist ziemlich basisch.
Zwingend notwendig ist auch die gelegentliche Zugabe von Kalk(ich nehme gepulverten Dolomit/Gartenkalk), da die Würmer diesen für ihre Kalkdrüsen brauchen, mit welchen sie Säuren neutralisieren und für die Bildung des Wurmhumus wichtig sind, der PH-Wert erhöht sich übrigens durch eine Kalkzugabe.
Auch die Zugabe von etwas Urgesteinsmehl wirkt sich positiv auf den Wurmhumus aus.

Zum Starten sollte man den Boden der Wurmbox ca 5-10cm Hoch mit in Streifen geschnittenem und eingeweichten Papier oder Pappe bedecken, wichtig ist das ganze so stark von Hand auszupressen, bis kein Tropfen Wasser mehr heraus kommt und alles etwas aufzulockern. Dann wird nochmal eine ca 10cm hohe Schicht aus Cocohum oder bestenfalls fertigem Wurmhumus darüber verteilt. Dann werden die Würmer(am Anfang sind ca 1000 ein guter Startwert) auf die obere Schicht gegeben und ihnen Zeit gegeben sich zu verkriechen, dann kann man die ersten Abfälle zugeben.
Zum Abdecken des Substrates verwende ich eine unbehandelte Hanfmatte(vorher eingeweicht) und natürlich hat die Box selber auch noch einen Deckel aus Holz, die Hanfmatte ist allerdings nicht zwingend notwendig, durch sie wird der Rest zwar schneller verwertet, allerdings ist so eine Matte auch nach 1-2 Monaten selber weggefressen.

Auch hier kommt ein weiterer Pluspunkt der Holzbox zur Geltung: Bei der Plastikbox versuchen die Würmer in den ersten Tagen zu flüchten(sie sind Lichtscheu, einfach die erste Woche eine kleine Lampe über das Substrat hängen falls man eine Plastikbox hat). Bei der Holzbox hat allerdings noch nie irgendjemand versucht zu flüchten, sie scheinen sich also weitaus wohler zu fühlen.

Der Wurmhumus
Wie bereits am Anfang gesagt ist der Wurmhumus noch nährstoffreicher als normaler Kompost, im Gegensatz zu einem Mineraldünger sind auch noch zahlreiche Mikroorganismen vorhanden, welche die (oft von Werk an weitestgehend sterilisierte) Erde noch zusätzlich beleben.
Auch sind die Nährstoffe in Ton-Humus-Komplexen gebunden, was eine Überdüngung quasi unmöglich macht.
Ich versetze die Erde für meine Pflanzen immer von Anfang an mit 1/3 Wurmhumus, es sollte allerdings theoretisch auch weniger reichen, allerdings halten so die Nährstoffe länger.
Zum Nachdüngen gebe ich je nach Pflanzengröße eine verschiedene Menge(im Mittel bei einem 10cm Topf eine kleine Hand voll) Wurmhumus aufs Substrat und arbeite es evtl. noch etwas ein.
Das gute am Wurmhumus ist auch, dass er gut Wasser speichern kann und dieses wie ein Schwamm aufsaugt(kein Problem mehr mit schrumpfendem Substrat in ausgetrockneten Töpfen, welches sich nachher schlecht bewässern lässt ;-) ).

Selber konnte ich oft nicht glauben was für gute Ergebnisse ich mit Wurmhumus im Vergleich zu Mineraldünger(Hakaphos Rot/Grün/Soft Spezial) hatte, besonders Salvia scheint Wurmhumus zu lieben, die Blätter haben ein viel dunkleres und satteres grün bekommen seit sie Wurmhumus bekommt.
Aber auch generell benutze ich Wurmhumus für eigentlich alle Pflanzen, auch im Freiland ist Wurmhumus optimal, da er nicht wie Mineraldünger so einfach auswäscht und das Grundwasser belastet.
Ich kann wirklich nur jedem raten mal Wurmhumus für eine Pflanzen auszuprobieren, man kann ihn ja auch im Internet kaufen wenn man nicht direkt eine Box anlegen will(oder z.B. so viel zu Düngen hat, dass man noch zusätzlich welchen brauch).
Allerdings hoffe ich, dass ich vielleicht auch den einen oder anderen dazu bringen konnte darüber nachzudenken seine Bioabfälle mittels Kompostwürmern zu entsorgen, immerhin eignet sich das ganze da es platzsparend und geruchslos ist auch perfekt für Leute mit Balkon, die keinen großen Kompost anlegen können.

Falls ihr irgendwelche Fragen habt stehe ich euch gerne zur Verfügung :heart:

Die Wurmbox(45x45x40cm):
Bild
So sieht es aus, wenn das organische Material fast komplett umgesetzt ist, man sieht ein paar Fetzen der Hanfmatte, welche sich fast komplett zersetzt hat. Ich habe extra ein paar Tage nichts in die Box gepackt, damit man mal mehr vom Wurmhumus sieht, normalerweise ist dort viel mehr zu Essen drin:
Bild

Re: Wurmkompostierung

Verfasst: 5. Jul 2015, 12:34
von Pusemuckel
:Hände Klatschen: Sehr gut geschriebener Beitrag, Danke dafür!!! :good: :smiley42:

Re: Wurmkompostierung

Verfasst: 5. Jul 2015, 14:40
von Ergin
Danke und gerne, hatte ja schon eigentlich länger vor was über die Wurmkompostierung zu schreiben :mrgreen:

Re: Wurmkompostierung

Verfasst: 5. Jul 2015, 15:41
von Teo Nanacatl
:Hände Klatschen: Sehr schön, danke ! Ich glaube ich werde mich mit dem Thema jetzt mal ein wenig auseinandersetzen.

Re: Wurmkompostierung

Verfasst: 5. Jul 2015, 18:17
von אל תשאלו
:Hände Klatschen: Klasse Beitrag !!! :good:

Selber verwende ich schon länger Wurmkompost, aber gekauften und neben dem reinen Kompost, auch in Wasser aufgelösten zum Gießen. Wie Ergin schon schrieb, lieben es die Pflanzen und Überdüngen ist praktisch nicht möglich. Je nach Art der Wurmbox kann man die heraus laufende Flüssigkeit, die auch Wurmtee oder Wurmkomposttee genannt wird, auffangen und damit Düngen. Egal in welcher Form die Umwandlungsprodukte der Würmer genutzt werden, es ist immer eine hochwertiger umweltfreundlicher nachhaltiger Dünger der den Ansprüchen der Pflanzen auf eine sanfte Art und Weise gerecht wird.

Aufpassen sollte man bei Topfpflanze mit der Gabe von frischen feuchten Wurmkompost, da in ihm kleine Würmer, sicher aber Kokons, enthalten sind, die sich im Topf zu großen Exemplaren weiter entwickeln und wenn die Nährstoffe im Topf aufgebraucht sind an die Wurzeln gehen. Daher nehme ich für Topfpflanzen älteren, trockenen Wurmkot oder Komposttee. Frischer hat etwas bessere Eigenschaften, nur wer möchte schon in der Wohnung große Würmer in seinen Pflanztöpfen haben.

Dem­ge­gen­über kann man sich die Untermieter des frischen Kompost zur Wiederbelebung "müder" Gartenböden nehmen. Bei mir leben so eingebrachte Würmer in einem Kastenbeet in dem ich Gemüse anbaue. Damit es keinen Interessenskonflikt gibt "fütter" ich organísches hinzu indem ich den Boden Mulche und Tee- und Kaffeereste beigebe. Im Frühjahr und im Herbst gebe ich Dolomitkalk hinzu. Das System besteht seit fünf Jahren in denen ich keine Bodenmüdigkeit, bzw. Ernteeinbußen festgestellt habe.

Re: Wurmkompostierung

Verfasst: 7. Jul 2015, 12:45
von Ergin
Danke, ja die auslaufende Flüssigkeit fällt bei Holzboxen leider nicht an, was aber kein Problem ist da man ja ziemlich einfach Komposttee machen kann.
In trockenem Wurmhumus sind halt keine Bakterien mehr enthalten, allerdings auch wie du sagtest keine lebenden Kokons und andere Tiereier mehr :)
Wenn man dennoch aerobe Bakterien in seinen Boden bringen will ohne Tiere einzuschleppen, lassen sich die Bakterien ja mittels Tauchpumpe und Melasse aus Wurmhumus leicht vermehren :smiley32:

Re: Wurmkompostierung

Verfasst: 12. Jul 2015, 02:26
von Ergin
So, ich habe mal ein Bild der Box in den Anfangspost eingefügt, die Box hat übrigens die Maße 45x45x40cm, da ich genau ausgerechnet hatte, dass ich aus dem gekauften Holz bei den Maßen zwei Boxen bauen kann.
Auch habe ich mal ein paar Tage nichts in die Box gepackt, damit man sieht wie schnell die Zersetzung von Statten geht, bereits nach ca 5 Tagen ist fast nichts mehr da, außerdem kann ich euch dadurch den Wurmhumus besser zeigen, das Foto ist ebenfalls im Anfangspost.
Ich packe nachher noch einiges an Gemüseschalen und Kaffeesatz hinein, sobald sich die Bewohner daran zu schaffen machen kann ich mal ein Paar von ihnen knipsen :peace:

Re: Wurmkompostierung

Verfasst: 12. Jul 2015, 08:27
von lebendig
Die Firma dankt für den Beitrag, die Bilder
und die daraus resultierende Motivation für einige hier (inkl. ldb)
sich weiter mit dem Biokompostwurmhumusdünger zu beschäftigen.


Bin gespannt auf die gefrässige kleine Armee :smiley32:



Grüßt
heut nur
kurz
ldb :m037:

Re: Wurmkompostierung

Verfasst: 14. Jul 2015, 07:25
von lebendig
ldb tat es!

Bestellte sich der muntere Genosse doch gestern 40L Wurmkompost und 500g schleimige Hermaphroditen :smiley34:

Der Puff für das freudige Treiben rund ums Schlemmen und ekstatischen Vermehrungsorgien wird heute fein mit roten Samt ausgeschlagen und schummerig beleuchtet :yau:



schlängelt
sich mal
ldb

Re: Wurmkompostierung

Verfasst: 15. Jul 2015, 23:25
von Ergin
Cool, das freut mich, was bekommen deine Miniboas denn für eine Behausung? :)