Therapeutische Integration von MDMA Erfahrungen

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Herr von Böde
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Re: Therapeutische Integration von MDMA Erfahrungen

Beitrag von Herr von Böde »

Naja, weil ich es nicht nur 1x genommen habe und meine Quellen idR. verlässlich sind/waren.
Ich werd schon mal MDMA erwischt haben . Auch wenn es bald 2 Jahrzehnte her ist.
Ich wüsste auch keine andere Substanz die derart zuverlässig euphorisiert.

Wenn das was gefaktes war hätte das Zeug auf jedenfall Potential :D
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Zebra
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Re: Therapeutische Integration von MDMA Erfahrungen

Beitrag von Zebra »

Meiner Ansicht nach geht es bei der therapeutischen Verwendung bei MDMA aber auch bei anderen Psychedelika nicht vorrangig um Linderung z.b. von Schmerzen.
Eher habe ich den Eindruck, durch besagten Erfahrungsbericht zum Beispiel, dass die Arbeit mit Psychedelika eher eine Herausforderung und Anstrengung ist als primär eine Linderung.
Heilung erfordert in diesem Zusammenhang bestimmt viel Arbeit, durch das alleinige „Einwerfen“ von Psychedelika und Psychopharmaka ist noch nichts getan.
Gerade aber Psychedelika sind in dieser Hinsicht interessant, weil sie eine Alternative zu Medikamenten zu bieten scheinen, die man ansonsten täglich vielleicht sein ganzes Leben lang schlucken müsste, siehe Studien zu Depression und Psilocybin.

Psychedelika würde ich nicht gleichsetzen mit anderen standardisierten Medikamenten für den standardisierten Menschen für ein standardisiertes Ergebnis.
Menschen sind nuneinmal keine Automaten in die man Pillen reinschmeisst und auf Knopfdruck das gewünschte Ergebnis bekommt.
So scheint das auch bei Psychedelika nicht zu funktionieren, in dieser Hinsicht gibt es auch viel zu lernen.

Wichtig für eine Therapie scheint mir auch das Umfeld zu sein.
Es ist schwierig für sich etwas zu ändern, wenn man keine Unterstützung aus seinem sozialen Umfeld erhält.
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Gaius
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Re: Therapeutische Integration von MDMA Erfahrungen

Beitrag von Gaius »

Herr von Böde hat geschrieben: aus eigener Erfahrung aber Nein ein Aufwachen hat nichts mit Heilung zu tun, es kann höchstens ein möglicher erster Schritt zur Heilung sein.
Ich sehe nicht das irgendwas geheilt werden muss, oder meinst du da was persönliches bei dir?
Ein Individualaufwachen reicht nicht aus um die Ursachen anzugehen, die Gesellschaft muss aufwachen, das breite Bewusstsein muss wachsen das unsere "ernsthafte Verkrampftheit" und krank macht. ;-)
Warum muss das so? ;) Ich verstehe so ganz den Sinn dieser Wünsche nicht. Finde man sollte zuerst bei sich selbst beginnen, bevor man die Welt retten will, warum auch immer man die so retten will.
Und ja, die Dinge sind wie sie sind, schon richtig. Ja der Verhungerde wird duch die Glukoselösung gerettet aber mit Gesundung hat das nichts zu tun auch wenn er sich dannach wieder regt.
Den Vergleich mit Verhungernden Zucker geben fand ich eine unpassende Analogie zu MDMA.

Habe genug herumgezetert. :uzi: :bye:
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אל תשאלו
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Re: Therapeutische Integration von MDMA Erfahrungen

Beitrag von אל תשאלו »

Komplette Wochenenden durchtanzen, mit wildfremden Menschen tiefgehende Gespräche führen und nächtelanger extatischer Sex ist das was ich mit MDMA verbinde. Gut das alles lässt irgendwann einmal nach und die Wirkung verändert sich wenn die Synapsen mit dem Nachliefern des Serotonins nicht mehr nachkommen. Bis das passierte hatte ich eine total geile Zeit die mir Türen öffnete die mir sonst verschlossen geblieben wären. MDMA erzeugt eine fast schon debile Zufriedenheit die keine andere Substanz in diesem Maße erreicht. Aber sie zeigt dir auch was Extase sein kann. Extase in einem zufriedenen Eingeschlossen sein ohne Sorgen mit einer Emphatie die du weder in nüchternen Zustand noch mit einer anderen Substanz erreichst.

Diesen Zustand zu erreichen und sich dessen positiven Seiten zu öffnen kann schon Therapie genug sein. Musik, den Körper zu spüren, mit manchmal hunderten anderen die auf MDMA, Pilzen und Acid trippen, zu Tanzen bringt dich in Spähren, die man ruhig als archaisch bezeichnen kann. Elektronische Musik, Tanz wie ein Stammesritual. Das war Basal und zeigte Wege die mir in nüchternen Zustand ebenso erstrebenswert waren.

Eine Substanz muß nicht zwangsläufig direkt eine "heilsame" Wirkung entfalten. Manchmal dauert es etwas und du entdeckst Wege und Einsichten die immer schon bei dir waren aber im Nebel des Alltags nie wirklich zu Tage traten. MDMA zeigte mir Faszetten dieser anderen, oft extatischen "Realität", die mir vermutlich nicht nur ohne verschlossen geblieben wären, sondern erweiterte meine ganze Persönlichkeit. Das auf eine nachhaltige Weise ohne das noch Verlangen nach diesen Erfahrungen ist, aber mit der Gewissheit, irgendwann in dieser Welt wieder Aufnahme und Geborgenheit zu finden wenn die Lebensumstände es erfordern. Eine dieser Umstände wäre z.B. eine schwere Krankheit bei der man sich die Akzeptanz für den letzten zu gehenden Weg holt.

Sicher gibt es weitere Substanzen die einem bei solch einem Weg ebenso helfen können. Aber meist ohne diese Geborgenheit. Tryptaminerge Substanzen lassen dich verstehen und können dir eine Geborgenheit geben. Aber nicht so wie MDMA.
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Gaius
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Re: Therapeutische Integration von MDMA Erfahrungen

Beitrag von Gaius »

Nicholas Saunders - Ecstasy (deutsch, epub)
Bild
http://www87.zippyshare.com/v/UZe7Uu5x/file.html

Edit: @chronic :wub:
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אל תשאלו
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Re: Therapeutische Integration von MDMA Erfahrungen

Beitrag von אל תשאלו »

Inguz :100:

Der chronic das Buch natürlich hat. Das mit dem original Einband, in dem eine flureszierend grün, gelbe Flüssigkeit war die sich laufend veränderte.
Ge'ez ጫት
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kleinerkiffer84
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Re: Therapeutische Integration von MDMA Erfahrungen

Beitrag von kleinerkiffer84 »

Besser könnte ich es nicht beschreiben @chronic! :good: :smiley32:
"debile Zufriedenheit" gefällt mir sehr gut, dass trifft den Nagel auf den Kopf. :D

Es stimmt natürlich, dass man im Grunde schon dankbar sein kann, überhaupt temporär solche Sphären der Realität zu erleben und sie als therapeutisch richtungsweisende Türen zu erfahren, die einem geöffnet werden können. Alleine das stellt natürlich schon eine gewisse Therapie dar. Ich versuche mich auch immer im Alltag an diese Visionen zurück zu erinnern und sie bewusst zu gehen, nach dem Motto: "Die Substanz kann mir zeigen wo die Tür ist, aber durchgehen muss ich selber."

Dennoch, irgendwas fehlt mir noch, irgendwas möchte ich noch optimieren, beim Mitnehmen von Entheogenen Erfahrungen in den Alltag.
Das ist eine Thematik die eigentlich jede Substanz betrifft, die in irgend einer Weise bewusstseinserweiternd wirkt, sogar triviale Entheogene wie Cannabis.

Während der akuten Rauschwirkung treten geniale Visionen und neue Sichtweisen auf, die in diesem Moment vollkommen schlüssig sind und nicht weniger real sind, als jenes Konstrukt was wir im Alltag als "Realität" bezeichnen. Diese kann man, je nach Art der verwendeten Substanz, bis zu einem gewissen Grad noch in Worte fassen und zu Papier bringen um sie in unsere Welt mit zu nehmen.
So weit so gut.
Mit zunehmendem Nachlassen der Wirkung und vor allem aber mit der zunehmend verstrichenen Zeit nach vollständigem Aufhören der Wirkung, tritt aber immer ein gewisser Ernüchternungsprozess ein,
den ich gerne mit einem Festlandbewohner vergleiche, der kurze Zeit im Ozean geschwommen ist.
Ich komme aus dem Ozean raus, mir läuft das Wasser runter, es gibt keinen Zweifel das Wasser und der Ozean existieren. Im Laufe der Zeit trocknet das Wasser und nach und nach erweist sich das Festland
letztlich als die wirkliche einzig beständige Welt in der ich lebe, wohlwissend natürlich das parallel dazu auch der Ozean noch immer existiert und ich jederzeit wieder hineinspringen könnte um wieder bestätigt zu bekommen das das Wasser auch real ist. Das macht man als Psychonaut auch, ähnlich wie eine Schutzimpfung die man in gewissen Zeitintervallen immer wieder auffrischen muss um wieder daran erinnert zu werden.

Was ich jetzt noch langfristig erarbeiten möchte, ist eine neue Methodik oder Instrumentarium, welches mir ermöglicht, aus dem Ozean immer ein kleines Fläschchen vom Wasser mit zu nehmen, an dem ich im Alltag schnuppern kann sozusagen.
Herr von Böde hat geschrieben:In einem gesunden sozialen Kontext entwickelt ein Mensch solche Schutzpanzerungen nicht.
Das ist auf der anderen Seite betrachtet, natürlich auch wieder richtig.
Aber ich glaube, hier kann MDMA ein Werkzeug zum Wachrütteln sein.
Viele Menschen erkennen es möglicherweise gar nicht, in welchem krankmachenden sozialen Umfeld sie sich befinden wenn sie nie mithilfe von MDMA über die sozialen Scheuklappen die sie aus dem Alltag kennen, hinaus geblickt haben. :smiley33.gif:
Ausgesetzt in der Salviawelt, bei mir habe ich nur meine Bong und ein Feuerzeug. Entitäten werden mich begleiten. Ich zeige Ihnen, wie man hier überlebt!
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kleinerkiffer84
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Re: Therapeutische Integration von MDMA Erfahrungen

Beitrag von kleinerkiffer84 »

Danke für das Buch @Inguz, wird gerade runter geladen. :good:
Ausgesetzt in der Salviawelt, bei mir habe ich nur meine Bong und ein Feuerzeug. Entitäten werden mich begleiten. Ich zeige Ihnen, wie man hier überlebt!
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Gaius
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Re: Therapeutische Integration von MDMA Erfahrungen

Beitrag von Gaius »

Aus dem Buch "Neues von der anderen Seite: Die Wiederentdeckung des Psychedelischen
»Sie lehrten uns töten, nicht leben« – Bericht eines 38-jährigen Ex-Soldaten über seine Erfahrungen mit MDMA

Ich war Soldat. 2001, mit 23 Jahren, hatte ich meinen ersten Einsatz in Afghanistan. 2003 und 2004 war ich im Irak. Ich gehöre zu denen, die nicht gesund zurückkamen. Meiner Meinung nach gibt es für die Soldaten so gut wie keine Möglichkeit, nicht traumatisiert zu werden. Ich war nicht in einen Bombenanschlag verwickelt, geriet nicht in einen Hinterhalt. Aber ich sah Freunde sterben, sah verwundete und getötete Männer, Frauen und Kinder, sah von Bomben entstellte Kameraden. Und was man an Schrecklichem nicht selbst sieht, das hört man. Die Angst kriecht auch in das am besten geschützte Armeequartier.

Aber so wie viele Kameraden merkte ich nach meinem Ausscheiden erst einmal nichts von meinem Problem. Zwar fühlte ich mich ständig erschöpft und müde, ich schlief schlecht und vernachlässigte Familie und Freunde, aber ich brachte das nicht mit meinem Einsatz in Zusammenhang. Und irgendwie funktionierte ich auch, wenngleich nur eingeschränkt. Dann passierte die Katastrophe: Im Jahr 2008 lief ein ehemaliger Student an der University of Northern Illinois, an der ich studierte, Amok. Sechs Menschen kamen dabei ums Leben. Ich war in dem Hörsaal, in dem der Täter um sich schoss, neben mir lagen Leichen mit zerfetztem Schädel. Wie schon im Krieg hatte ich Glück und erlitt keinen körperlichen Schaden. Aber schon am Abend merkte ich, dass alles anders war. Auf einmal war ich wieder im Krieg. Ich fühlte mich nicht wie in einer sicheren Wohnung, sondern wie auf der Straße in einem Vorort von Mossul. Alles, was ich damals erlebt hatte, war nun Gegenwart. Mein Zustand verschlechterte sich schlagartig. Ich schlief nur noch stundenweise und kapselte mich völlig ab. Ich wendete mich an eine Vertrauensstelle für Veteranen, von wo man mich zu einem Psychiater weiterschickte. Der sagte mir, was ich sowieso schon wusste: Ich hätte PTBS. Und er steckte mich in die Maschinerie, die in diesen Fällen anläuft. Zehn Stunden Gesprächstherapie, die ich schon deshalb nicht ernst nehmen konnte, weil ich fühlte, dass der Arzt das auch nur für ein relativ wirkungsloses Standardprogramm hielt. Die Sitzungen gingen nach einem strikten Script vor: Ich sollte angstauslösende Gedanken und Situationen identifizieren und diese dann wieder und wieder durchgehen. Ich machte mit, hatte aber das Gefühl, es gehe bei alldem nicht um mich. Der Psychiater hatte mir auch signalisiert, dass der entscheidende Teil der »Therapie« die Medikamente seien. Ich bekam das volle Programm: Prozac, Antidepressiva, Benzodiazepam gegen Panikattacken und Schlafmittel für die Nacht. Wieder hatte ich das Gefühl, halbwegs zu funktionieren, jedoch auf noch niedrigerem Level. Dazu wurde ich dick, meine Hände zitterten, und ich dachte derart langsam, dass ich kaum einem normalen Gespräch folgen konnte.

Eher durch Zufall traf ich in dieser Zeit einige Veteranen, denen es ähnlich erging. Mir wurde die Dimension des Problems bewusst. Du gehst als Mann von 20 Jahren in die Armee. In diesem Alter bist du noch nicht reif, du hast keine Verbindung zu dir, bestenfalls vage Ideen, was du gut und schlecht findest. Normalerweise ist das nicht schlimm, normalerweise bist du auf dem College oder beginnst deinen Job, feierst, hast viel Sex und lernst das Leben in kleinen Schritten. In der Armee aber lernst du töten, du bist in einem System, das Aggression züchtet. Du wirst dich davor hüten, Angst oder Trauer zu zeigen. Am Ende deines Dienstes bekommst du eine Karte in die Hand gedrückt mit der Nummer eines Psychologen. Es ist eine Situation, die man auf Englisch »perfect storm« nennt, alles Schlechte kommt zusammen: Im Krieg überlebst du nur, wenn du enorm misstrauisch und aggressiv bist. Eigentlich müssten diese Eigenschaften einem am Ende der Dienstzeit wieder abtrainiert werden – denn sie erschweren es den Veteranen enorm, im Zivilleben Fuß zu fassen. Dieses Schild, mit dem du in den letzten Jahren alle Angst, allen Schrecken abgeschirmt hast, wird rissig – und auf einmal kommt der Horror zurück. Deshalb ist PTBS unter Veteranen ein größeres Problem als unter aktiven Soldaten.

Irgendwann fanden wir uns, vier Veteranen, die in dieser Hinsicht gleich dachten und die keine Lust mehr auf die ständigen Psychopharmaka hatten. Einer von uns erfuhr von der MDMA-Therapie, die zu dieser Zeit gerade in South Carolina praktiziert wurde. Wir wussten alle, dass uns das eine Tür öffnen könnte. Nur waren eben die Therapieplätze enorm beschränkt. Es wäre unmöglich gewesen, vier Veteranen gleichzeitig in die Studie aufzunehmen. Also besorgten wir uns auf dem Schwarzmarkt MDMA. Das ist kein Problem. Mit ein bisschen Geduld kann man sogar an klinisch reinen Stoff kommen. Zugleich besorgten wir uns von MAPS Schulungsmaterial, mit dem sich Therapeuten auf die Sitzungen vorbereiten. Natürlich weiß ich, dass das nicht üblich und alles andere als ideal ist: Vier Kranke, die sich selbst eine Therapie basteln. Aber was hätten wir sonst tun sollen? Warten, bis MDMA in zehn Jahren legal ist? Bis dahin dick werden wie ein Wal, zitternd, impotent – und zusammenbrechen, wenn ein Kind hinter dir »Buh!« sagt?

Und es funktionierte. Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Substanz selbst heilt, aber es war ein erster Schritt: Wir offenbarten uns einander, und sobald wir wussten, dass wir nicht allein waren, bekam das Eis, in dem man festgefroren war, Risse. Viel wichtiger war für mich jedoch die zweite Sitzung. Über Jahre waren es die gleichen drei, vier Gedanken, die ich dachte: von früh bis spät. Ich hatte eine Schlafmaske auf und stellte mich darauf ein, dass ich noch einmal in den blutverspritzten Vorlesungssaal muss, zu meinem Schrecken. Aber etwas völlig anderes passierte: die Substanz nahm mich und setzte mich auf einmal in den Garten meiner Großmutter. Ich war ein Kind, das geliebt wurde. Ich hatte das Gefühl, an der Quelle zu sitzen, die mich speist. Meinen Freunden ging es ähnlich, also entschieden wir uns, den engen pseudotherapeutischen Rahmen zu verlassen und die nächsten Sitzungen freier zu gestalten. Zuerst gingen wir in die Natur, in die spektakulären Nationalparks der Westküste. Von Mal zu Mal wurden die Sitzungen, wie soll ich sagen: weniger problemorientiert. Wir hatten nicht mehr das Gefühl, an den Ort des Horrors zu müssen, sondern ließen uns treiben und hatten auf diese Weise die erstaunlichsten Erlebnisse unseres Lebens. Es war keine Flucht aus der Realwelt. Vielmehr änderte sich durch die kurzen, positiven und intensiven Erfahrungen die gesamte Realität. Bestimmend waren auf einmal nicht mehr die schlimmen Erinnerungen. Die gibt es freilich und ich werde sie nicht los, sie sind Teil von mir. Aber das war nun Vergangenheit. Wichtig waren jetzt die Freunde, die Natur, die Liebe – die Gegenwart. Wir experimentierten weiter, versuchten es auch mit LSD und Psilocybin, und schließlich besuchten wir sogar unseren Helden, den MDMA-Wiederentdecker Alexander Shulgin auf seiner Farm in Lafayette. Die »Kur« machte aus uns verängstigten, aggressiven Veteranen so eine Art Neohippies. Ich bin glücklich damit.

Natürlich weiß ich nicht, inwieweit unser Fall verallgemeinerbar ist. Sicherlich litten wir nicht an der schwersten Form von PTBS – ansonsten hätten wir gar nicht genug Energie aufgebracht, um uns die Therapie zu organisieren. Auf der anderen Seite nimmt heute keiner von uns mehr Psychopharmaka. Etwa einmal im Monat begeben wir uns auf eine psychedelische Reise – nicht weil wir danach süchtig wären, sondern weil wir das wollen. Sicherlich kommt das daher, dass wir alle schon eine gewisse Disposition hatten, uns immer zu spirituellen Themen und zur Subkultur hingezogen gefühlt haben. Aber auch ganz unabhängig davon weiß man, dass die Substanz allen Traumatisierten helfen kann. Der Gedanke, dass so viele heute umsonst leiden, macht mich krank.
Es gibt eigentlich momentan nichts, was besser hilft bei PTSD. Antidepressiva oder Gesprächtherapien sind gescheitert, die Psychologie hat immer noch keinen Plan. Die Menschen werden also mit Hilfe dieser Substanz zu friedlichen Neohippies und was verhindert PTSD am besten? Peace, not War. Der Hippiespruch gilt immer noch. :w00t:
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Herr von Böde
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Re: Therapeutische Integration von MDMA Erfahrungen

Beitrag von Herr von Böde »

Zebra hat geschrieben:....
Wichtig für eine Therapie scheint mir auch das Umfeld zu sein.
Es ist schwierig für sich etwas zu ändern, wenn man keine Unterstützung aus seinem sozialen Umfeld erhält.
Das ist es was ich sagen wollte.
Wenn das Umfeld nicht mitspielt oder man durch die Therapie nicht die Kraft und den Mut und die Zuversicht vermittelt bekommt die alten Strukturen hinter sich zu lassen, sich ein passendes Umfeld zu suchen, dann hilft keine Chemie, ob man sie nun Medikament nennt oder Psychedelica.
Es mag schon sein das Substamzen den Mut verstärken, die Zuversicht vergrößern können, den Antrieb vermitteln aber das eigendlich Notwendige das was am Ende heilt ist ein wohltuhendes Sozialgefühge.

Das auch Psychedelica dabei eine wichtige Rolle spielen können ist ohne Frage man soll nur nicht vergessen das es nur ein erster Schritt ist wer dabei hängen bleibt, glaubt er sei gesund allein durch die Einnahme von irgendwas, der irrt und erkennt sein Drama nicht, seine Einsamkeit und das fehlen der sozialen Geborgenheit.

Und wer das akzepziert kann oft - je nach schwere des Krankheitsbildes- total auf Substanzen verzichten und direkt mit dem anfangen was eigendlich so schwierig ist, dem Aufbau gesunder Sozialstrukturen, in dem er scham- und bedingungslos so sein kann wie er ist.
Dann spart man sich den ganzen Umweg der Substanzsuche der nur wegführt von der echten Schwierigkeit.
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