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Jurema Sagrada - der Kult um Mimosa hostillis

Verfasst: 11. Dez 2024, 19:43
von Donfoolio
Ich packe das mal hier in den Spiritualität Faden, da es sich doch in erster Linie um eine spirituelle Praktik handelt.

Da es ab nächstem Jahr auch in Deutschland Veranstaltungen der jurema Sagrada geben wird, die landesläufig auch catimbo heißt, wollte ich in diesem Faden mal mehr auf die Techniken und Weltanschauungen dieses kultes eingehen.

Der catimbo kommt aus dem Nordosten Brasiliens, dem sertaõ, jener Trockenregion zwischen Bahia, Recife und Pernambuco, indem der wilde Mimosa hostillis Baum heimisch ist.

Die Anwendung dieses Baumes geht natürlich auf vor kolumbianische Zeiten zurück.

Die eigentliche Praktik, die als catimbo bekannt ist, ist eine eher neuzeitliche Entwicklung. Genau genommen liegen die Ursprünge in der Vermischung der verschiedenen ethnischen Einflüsse, die in Brasilien im 17ten und 18ten Jahrhundert Einzug hielten.

Das wissen volksmedizinischer lokaler Heiler indigener Abstammung (sogenannte pajés) mischte sich mit den verschiedenen Praktiken der Bantu und Yoruba population die durch den Sklavenhandel nach Brasilien kamen, ebenso wie dem iberischen Hexentum (die portugiesische Inquisition schickte seinerzeits gerne als Hexen defamierte Personen ins Südamerikanische Exil) und dem allgegenwärtigen aufgezwungen Katholizismus.

Im Kern der religiösen Praktik steht die Trance, die durch Musik und den Genuss des heiligen jurema Baumes ausgelöst wird

In eben dieser Trance nehmen die Beteiligten Kontakt mit den Geistern auf, erhalten Ratschläge zur Genesung verschiedener Probleme und kriegen Pflanzenrezepte verschrieben.

Das wichtigste Instrument der Heilung ist in diesen Zeremonien die Pfeife, die aus dem jurema Baum geschnitzt wird und die mit Tabak und verschiedenen Kräutern gefüllt eine magisch-religiöse Aufgabe erfüllt.

Der Rauch wird nicht inhaliert, sondern eher auf die Beteiligten geblasen, den Mund oberhalb der Brennkammer platziert und den Rauch durch das Mundstück herausblasend.

Neben Tabak und jurema spielen weitere Pflanzen eine wichtige Rolle in dem Kult:

Angico (Anadenthera peregrina), Manaca (Brunfelsia spp.), und etwa zwanzig weitere Heilpflanzen.

Der catimbo ist ein bessenheitskult, ähnlich dem kubanischen santerian oder dem haiitischen Voodoo. Die Teilnehmer werden von ehemaligen meistern und Meisterinnen des cultes besucht, von vorkolumbianischen pajes und afrikanischen Heilern.

Die mestre und mestras sollen in eine imaginären Welt leben, dem Königreich der jurema, die in verschiedene Städte aufgeteilt ist. Durch Genuss der Pflanze erhält man Zugang zu diesem Königreich und die Grenzen verließen.

Die sterblichen haben Zutritt zu den Städten und umgekehrt haben die verstorbenen Meister und Meisterinnen Zugang zu unserer Welt, die sie mithilfe der Medien betreten, Menschen die gelernt haben, diese Geister durch sich sprechen und handeln zu lassen.

Ich werde in diesem Faden auf verschiedene Aspekte dieses Kultes eingehen. Da die heilige Pflanze des catimbo, Mimosa hostillis, seit einigen Jahrzehnten im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit westlicher Psychonauten steht, halte ich es für nützlich ein wenig ausführlicher auf deren Geschichte einzugehen.

Ich werde hier sporadisch Informationen zur jurema Sagrada posten, falls ihr Fragen habt, könnt ihr die natürlich auch posten.

Re: Jurema Sagrada - der Kult um Mimosa hostillis

Verfasst: 13. Dez 2024, 00:13
von Rato
Darüber hab ich noch nichts gehört. Einen aufmerksamen Leser hast du schon mal.

Re: Jurema Sagrada - der Kult um Mimosa hostillis

Verfasst: 26. Dez 2024, 15:39
von Donfoolio
Bessenheitskult trifft es nicht so ganz. Incorporation, Einvernehmung eher. In Brasilien und Haiti spricht man vom Pferd, cheval, dass von seinem Reiter besessen wird.

Das ist eine gastfreundschaftliche willkommenheißung, kein plötzliches inkraft treten. Das Medium ist mehr als einverstanden, dass dieser Akt zustande kommt.

Deswegen sind Bessenheiten bei Neulingen auch eher selten - man muss das schon wollen.

Interessanterweise haben sich sowohl Ethnologen als auch Psychiater eher wenig mit dem Thema beschäftigt. Selten sind Beiträge von gelehrten, die über psychische Probleme oder Schizophrenie hinausgehen.

Und dennoch ist das Phänomen ernst zu nehmen - in den diversen Kulturen, die Besessenheit kultivieren, ist das so tagtäglich wie Mittagsessen.

Keine Zeremonie ohne dass die Geister nicht Teil davon wären, manchmal wird gekocht, manchmal geopfert, aber immer sind die Geister willkommen geheißen in der Welt der sterblichen.

Sie vervollständigen sich - durch die Hilfe, die sie Sterblichen anbieten. Es ist ein geben und nehmen.

Die medien kennen mit der Zeit die Vorlieben ihrer Reiter: Tabak, Alkohol, Schmuck oder Parfüm. Die Geister profitieren von der Zeit, in der sie in weltliche Gefilde absteigen und sich dem Mund, der Geschmacksorgane und der Hände ihrer Pferde zunutze werden lassen können.